SRF: Barbara, im Podcast «Sternstunde Philosophie: Zimmer 42» lässt du deine eigene Neugier die Themenwahl bewusst beeinflussen und besprichst Lebensfragen, die dich auch selbst beschäftigen. Welche sind das?
Barbara Bleisch: Warum grüble ich über Dinge, die ich eh nicht ändern kann? Was tun, wenn der Alltag grau und fad scheint? Wieso vergleiche ich mich mit anderen, wenn mich das demotiviert? Wäre ich glücklicher, wenn ich weniger planen würde? Und natürlich der Klassiker: Was soll das alles – gibt’s einen tieferen Sinn? Hattest du schon mal eine Sinnkrise? Natürlich! Wer nicht? Wobei es darauf ankommt, was wir unter einer Sinnkrise verstehen. Geht es darum, dass wir uns fragen, was das alles soll: dieser blaue Planet in diesem endlos scheinenden Universum? Oder um die Frage: Nutze ich meine begrenzte Zeit sinnvoll? Die zweite Frage ist philosophisch ergiebiger – und kann uns dazu bringen, unser Leben umzustellen. Das ist aber ganz schön schwer, wie ich selbst auch immer wieder merke.
Wie kann die Philosophie Menschen helfen?
Philosophie sortiert und differenziert – und meist schafft das schon Distanz. Philosophie ist ausserdem wesentlich Gespräch: mit anderen oder auch mit sich selbst. Und sich selbst als Gegenüber anzusprechen in der zweiten Person, ist ebenfalls eine gute Übung, um sich etwas Luft zu verschaffen, wenn einen die Emotionen überrollen. Philosophie ist aber kein billiges Trostmanöver oder simple Ratgeberliteratur, sondern sie nimmt auch den Zweifel und den Schmerz ernst.
Zufriedenheit lässt sich nicht optimieren.
Woher ziehst du deine scheinbar nie endende Inspiration für philosophische Diskussionen?
In der Philosophie sind die Fragen oft wichtiger als die Antworten. Und gefragt habe ich mich immer schon viel. Dann gibt es ein endloses Arsenal an Büchern, das ich konsultiere. Am inspirierendsten sind aber oft Gespräche mit anderen, die Freude am Denken haben.
Ein Blick auf Social Media zeigt, dass Philosophie- und Achtsamkeitsfragen aktuell besonders im Trend liegen. Wie erklärst du dir dieses Phänomen?
Sicher gibt es Lebensumstände, die für philosophische Fragen keinen Raum lassen. Insofern ist das Interesse an Philosophie ein Zeichen dafür, wie gut es vielen von uns geht. Gleichzeitig zeugt es vielleicht auch von einer Verunsicherung, die um sich greift mit einem Zukunftshorizont, der sich merklich verdüstert. Viele plagt ausserdem das Gefühl, im Wettbewerb nicht mithalten zu können. Es ginge immer schneller, besser, schöner, fitter. Doch Zufriedenheit lässt sich nicht optimieren.
Auch die Sinnfragen des Publikums spielen vermehrt eine Rolle. Wie kann es sich einbringen?
Per Mail, per WhatsApp (076 348 41 96) und immer wieder auch via Social Media über die SRF-Kanäle auf Instagram und Facebook. Und per altmodischer Briefpost! Ich sammle Postkarten mit albernen Sprüchen, die zum Denken anregen. In jeder Episode mache ich eine zum Thema. Es wäre schön, wenn unser Publikum uns Postkarten ins Studio schicken würde!
Das Gespräch führte Mirja Keller.