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40 Jahre Kassensturz Die Lebensmittel-Skandale

«Kassensturz» deckte in 40 Jahren mehrere Lebensmittelskandale auf: Büchsenravioli, aufgezuckerter Weisswein, Bschiss mit Freilandeiern oder abgelaufenes Fleisch im Coop. Persönlichkeiten wie Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Roger Schawinski oder Urs. P. Gasche erinnern sich.

Nicht immer ist alles appetitlich oder korrekt deklariert, was als Nahrungsmittel auf unseren Tellern landet. Ein kritischer Blick auf Lebensmittel ist deshalb Grundaufgabe einer Konsumentensendung.

«Kassensturz» hat dies in zahlreichen Beiträgen gemacht und dazu beigetragen, dass es um Qualität und Transparenz der Lebensmittel heute besser bestellt ist als vor 40 Jahren.

Für grosses Aufsehen sorgte 1978 der Ravioli-Test der Stiftung für Konsumentenschutz, den «Kassensturz» im Stil eines Agenten-Thrillers verfilmte. Büchsen-Ravioli waren damals der Renner. Doch niemand wusste, was genau in ihnen enthalten war. Der Test zeigte: Bei einigen Produkten war der Fleischanteil gering und teilweise auch von zweifelhafter Qualiät.

Die Wirkung emotionaler Bilder

«Kassensturz» berichtete: «In den Sarganser-Ravioli fanden die Tester gar Magen, Herz, Nieren, Bauchspeicheldrüsen, Lungen und Schweineköpfe». Im Bild sind diese Tierbestandteile zu sehen, auch ein Schweinekopf. Diese Darstellung rüttelte auf.

Jubiläums-Serie

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Logo 40 Jahre Kassensturz

In einer mehrteiligen Serie blickt «Kassensturz» zurück auf 40 Jahre Fernseh-Geschichte. Themen der Serie sind: «Unvergessliche Tests», «Lebensmittel-Skandale», «Die grössten Abzocker», «Humor im Kassensturz», «Konsumenten in der Falle» oder «Hitzige Studiogespräche». Mehr

Urs P. Gasche, «Kassensturz»-Redaktionsleiter von 1986 bis 1996 und heute Redaktor von «Infosperber», sagt zur Wirkung des Beitrags: «Es braucht grausige Bilder, die einem emotional aufrühren. Sonst vergisst man schnell wieder.»

Wenig Freude am Ravioli-Beitrag hatten die Konservenfabrikanten, die Umsatzeinbussen zu verzeichnen hatten. Sie kritisierten, dass der Beitrag den Eindruck vermittelte, Ravioli seien generell minderwertig, und nicht nur einzelne der getesteten Produkte. Zwei Firmen verklagten das Fernsehen.

In erster Instanz wies ein Gericht ihre Klage 1982 vollumfänglich ab. Es handle sich um eine fachkundige Untersuchung und um zulässige Produktekritik.

Dennoch willigte das Fernsehen einige Monate später in einen Vergleich ein. In diesem wurde festgehalten, dass das Fernsehen in keiner Weise die Absicht gehabt habe, die von den Klägerfirmen hergestellten Produkte als minderwertig oder unappetitlich hinzustellen.

1988 deckte Kassensturz auf, dass Schweizer Weinproduzenten Weisswein massiv mit Rübenzucker panschten, um so den Alkoholgehalt zu erhöhen. «Kassensturz» brachte 23 Schweizer Weissweine zur Untersuchung in die Universität Nantes in Frankreich. Diese konnte dank einer neuen Methode die Zugabe von Rübenzucker nachweisen.

Die Test-Resultate sorgten für einen schweizweiten Skandal. Vor allem Weinproduzenten aus der Westschweiz schütteten massiv Zucker in den Traubensaft. Bei einigen Weinen stammte fast ein Drittel des Alkoholgehalts aus der Rübe und nicht aus der Rebe. Das entspricht 45 Gramm Kristallzucker pro Flasche.

Bschiss mit Freilandeiern

1991 folgte ein weiterer Skandal: «Kassensturz» enthüllte, dass Bauern und Eier-Lieferfirmen Freilandeier nicht korrekt deklarierten und «Freiland»-Eier verkauften, die gar keine waren. Solche Enthüllungen führten dazu, dass Konsumenten weniger vom kritisierten Produkt kauften.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga amtete lange Jahre als Geschäftsführerin und als Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz. Sie sagt: «Der Kassensturz kann einen ganzen Markt zum Erliegen bringen. Das ist aber nicht das Ziel. Das Ziel ist, dass sich etwas bewegt, etwas verändert.» Das zeige die Macht der Konsumentinnen und Konsumenten.

1999 berichtete Kassensturz, dass an Sammelstellen altes Speiseöl und Motorenöl vermischt wurden. Das alte Speiseöl verarbeiteten Firmen weiter für Futtermittel, ohne richtige Kontrollen. Giftiges Altöl konnte in Futtermittel gelangen und damit auch Nahrungsmittel verunreinigen.

«Wer macht das sonst?»

2011 erhielt «Kassensturz» Hinweise von ehemaligen Mitarbeitern einer Coop-Filiale. Sie mussten abgepacktes Fleisch kurz vor dem Ablaufdatum auspacken und an der Frischfleisch-Theke verkaufen. Die Folge: Kunden kauften abgelaufene Fleischwaren.

Roger Schawinski, «Kassensturz»-Gründer und Medienunternehmer lobt: «Ich finde es eine grosse Leistung, wenn der Kassensturz solche Sachen wie den Coop-Fleischskandal aufdeckt. Das sind grosse Unternehmen. Das sind wichtige Bereiche. Wer macht das sonst?»

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