Anlässich der «Kassensturz»-Spezialsendung «Die negativen Folgen flexibler Arbeitszeit» beantworteten vier Arbeitsrechtexpeten Fragen aus dem Publikum. Unter anderem fiel auf: Die Arbeitgeber scheinen es mit der Wahrheit nicht immer so ernst zu nehmen! Luca Cirigliano, Zentralsekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, war über einige Fragen wenig erfreut.
Herr Cirigliano, eine Arbeitnehmerin schreibt, dass bei ihr die Mittagspause um eine halbe Stunde verlängert wurde. Der Clou: In dieser halben Stunde müsse sie trotzdem weiter Kunden bedienen, Kollegen unterstützen, das Telefon bedienen. Geht das?
Luca Girigliano: Nein, das geht nicht. Das Gesetz gibt klar vor, dass Arbeitgeber in der Pause nicht zur Verfügung stehen müssen. Der Arbeitnehmer muss abschalten und den Arbeitsplatz verlassen können. In diesem Beispiel ist der Pausenzweck überhaupt nicht gegeben; diese Zeit ist so nicht als Pause abbuchbar.
Bei den Pausen wird offenbar öfters getrickst. Eine andere Angestellte beschreibt, dass ihr Chef möchte, dass sie eine Pause einträgt, auch wenn sie gar nicht dazu kommt, sie zu nehmen. Sind solche Tricks gang und gäbe?
Luca Girigliano: Wir vom Gewerkschaftsbund kennen solche Fälle. Und die sind gravierend, denn der Arbeitgeber verursacht damit quasi eine Urkundenfälschung und stiftet seine Angestellten erst noch dazu an. Der Arbeitgeber muss gegenüber dem Arbeitsinspektorat beweisen, dass er die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen gewährt. Und das ist auch richtig so, denn wenn sie ignoriert werden, sind Stress und Krankheit die Folge.
Auch die Arbeitszeiterfassung war ein Thema. Ein Arbeitnehmer schreibt, in seinem Betrieb lasse das Zeiterfassungssystem nicht mehr als 8 Stunden pro Tag zu. Ein anderer schreibt, das System erfasse nicht mehr als 45 Stunden pro Woche. Ist das auch ein Trick, um die Angestellten auszunutzen?
Weitere Fragen und Antworten:
Luca Girigliano: Ja, das ist einerseits ein Trick zu Lasten der Angestellten, andererseits hintergeht der Arbeitgeber so aber auch die Behörden. Denn er ist verpflichtet, dem Arbeitsinspektorat jederzeit die realen Arbeitszeiten zur Verfügung zu stellen. Die Arbeitszeiterfassung muss den Tatsachen entsprechen, und wenn der Arbeitgeber hier mit technischen Tricks oder anderen Manipulationen eine richtige Erfassung gar nicht erlaubt, macht er sich meines Erachtens strafbar.
Arbeitgeber kennen also das eine oder andere Trickli. Was können Betroffene tun? Der Gang zum Chef bereitet in solchen Fällen sicher vielen Angst.
Hilfreiche Links:
Luca Girigliano: Der Kündigungsschutz ist in der Schweiz tatsächlich eher schwach. Wird jemand, der sich zu Recht beklagt, entlassen, wäre das eine missbräuchliche Kündigung. In einem solchen Fall sind zwei bis vier Monatslöhne geschuldet, ein Verbleib am Arbeitsplatz kann aber nicht garantiert werden. Wir empfehlen Betroffenen, sich mit der Gewerkschaft in Verbindung zu setzen oder mit dem zuständigen Arbeitsinspektorat.