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«Sie arbeitete engagiert, zuverlässig und sehr genau.» Klingt eigentlich gut. Aber ist das nun wirklich ein Lob? Oder versteckt sich dahinter eine codierte Negativ-Aussage?
Viele Formulierungen sind verschlüsselt
Tatsächlich findet Peter Häusermann, Experte für Arbeitszeugnisse, dass dieser Satz zu hinterfragen ist: «Aus dieser Aussage geht nicht hervor, wie der Arbeitgeber zufrieden war. Denn wenn jemand engagiert arbeitet, heisst das noch lange nicht, dass das Resultat auch gut war.» Häusermann trifft dieses Problem oft an. Arbeitgeber trauen sich nicht, zu schreiben, wie es wirklich war. Lieber werde alles mit schönen Floskeln umschrieben. «Aber jeder Profi, der Personalselektionen vornimmt, merkt: Aha, hier fehlt die Leistungsqualifikation. Hier scheint etwas nicht zu stimmen.»
Codierungen sollten vermieden werden
Aber könnte es nicht sein, dass der Zeugnisverfasser ohne es zu merken einen Code verwendet hat? Das ist durchaus möglich. Gerade deshalb plädiert Peter Häusermann darauf, nur noch uncodierte Zeugnisse zu verfassen, auf Floskeln und Auslassungen zu verzichten. «Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen. Und auf beides sollte man eingehen.» Negative Aspekte müssen aber nur dann in einem Zeugnis erwähnt werden, wenn sich diese signifikant auf das Anstellungsverhältnis ausgewirkt haben.
Bei Unsicherheiten Rat beim Profi suchen
Als gutes Hilfsmittel sieht der Zeugnisexperte die sogenannte Brückentechnik. Dabei werden negative Aspekte in positive eingebettet. Wichtig dabei sei eine anständige, moderate und faire Sprache.
Wer aber nicht sicher ist, was sein Arbeitszeugnis wirklich aussagt, der sollte laut Rechtsanwalt Roger Rudolph zuerst einmal das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Allenfalls können Missverständnisse so bereits ausgeräumt werden. «Des Weiteren kann man das Zeugnis einer kostenlosen Rechtsauskunftsstelle vorlegen. Diese findet man in vielen Gemeinden oder bei Gewerkschaften.» Oder man sucht einen Personalberater auf. Diese Variante ist allerdings mit Kosten verbunden.
Ist ein Arbeitnehmer mit seinem Zeugnis nicht zufrieden, kann er vor Arbeitsgericht eine Zeugnisberichtigungsklage einreichen. Die Kantone achten dabei auf ein einfaches und rasches Verfahren. Dieses ist zudem kostenlos.
Zeugnisse innerhalb von 3 Wochen
Immer wieder kommt es auch vor, dass Arbeitnehmer vergeblich auf ein Zeugnis warten. Laut Roger Rudolf sollte der Arbeitgeber maximal drei Wochen dafür brauchen. Falls trotz Nachfrage kein Zeugnis eingetroffen ist, rät der Experte, dem ehemaligen Arbeitgeber mittels eingeschriebenem Brief eine Frist von beispielsweise 14 Tagen zu setzen. Nützt dies nichts, bleibt allenfalls nur noch eine gerichtliche Klage. Diese kostet aber ebenfalls.
Ein Zeugnis kann jederzeit angefordert werden
Laut Gesetz haben Mitarbeiter jederzeit Anrecht auf ein Zeugnis oder Zwischenzeugnis. Oftmals scheuen sich Angestellte aber, Ihre Vorgesetzten darauf anzusprechen. Doch eine regelmässige Bestandsaufnahme ist wichtig. Peter Häusermann findet daher sinnvoll, alle 2 bis 4 Jahre ein Zwischenzeugnis einzufordern. «Falls der Arbeitgeber misstrauisch reagiert, erklären Sie ihm, dass Sie eine Zwischenzäsur erhalten möchten, damit Sie sich weiter steigern können.»
Krankheiten haben nichts im Zeugnis zu suchen
Gefragt wurde auch mehrmals, ob Krankheiten etwas im Zeugnis zu suchen haben. Laut Rechtsanwältin Andrea Halbeisen sollten solche Aussagen in der Regel vermieden werden, «es sei denn, die Krankheit hat im Verhältnis zur Arbeitsdauer viel Zeit in Anspruch genommen.»
Kündigungsgrund nur in Ausnahmefällen
Ähnlich verhält es sich mit dem Kündigungsgrund. Dieser gehört normalerweise nicht in ein Zeugnis, genauso wenig, wie die Information, wer gekündigt hat. Aber auch hier gibt es eine Ausnahme: Bei schweren Pflichtverletzungen, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen, können diese Angaben im Zeugnis erwähnt werden.
Weitere Informationen rund um das Thema Arbeitszeugnisse finden Sie im Chat-Protokoll vom 15. Februar und im Merkblatt «zwingende Angaben für transparente Arbeitszeugnisse» in der Rubrik «Mehrwert».