An Anschlagbrettern verkündete die Industriefirma Benteler Rothrist im Februar, dass die Arbeitszeit um zwei Stunden pro Woche verlängert und der Lohn der Mitarbeiter um fünf Prozent reduziert werde. Dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 liegt das entsprechende Schreiben vor: Das Unternehmen begründet die Massnahmen gegenüber seinen Mitarbeitern mit der wirtschaftlichen Lage. Nur, wenn jetzt gespart werde, bleibe man konkurrenzfähig und könne die Arbeitsplätze in der Schweiz halten.
Arbeiter unter Druck gesetzt
Die Massnahmen gelten bis längstens Ende Jahr. Die Geschäftsleitung von Benteler Rothrist hat sie zusammen mit der Personalkommission ausgehandelt. Die Mitarbeitenden wurden angehalten, eine entsprechende Vereinbarung zu unterschreiben. Pascal Pfister von der Gewerkschaft Unia Region Aargau vermutet, dass vielen keine andere Wahl blieb, als zu unterschreiben: «Da ist wohl ziemlich Druck aufgebaut worden.»
«Lohnkürzung geht gar nicht»
Der sogenannte Krisenartikel des Gesamtarbeitsvertrages erlaubt es Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, solche Massnahmen zu ergreifen. Dennoch sind sie nicht unumstritten: Gewerkschafter Pascal Pfister meint: «Die Verlängerung der Arbeitszeit geht in Ordnung. Aber die Lohnkürzung geht aus unserer Sicht gar nicht.»
Kommt hinzu: Der Gewerkschaft sind Fälle bekannt, in denen die Mitarbeiter die Vereinbarung nicht unterschrieben haben, der Lohn wurde jedoch trotzdem gekürzt. Rechtens ist das nicht. «In einem solchen Fall müssen die üblichen Kündigungsfristen eingehalten werden. Man kann den Mitarbeitern nicht einfach den Lohn kürzen, wenn sie nicht einverstanden sind.»
Benteler ist «froh über gemeinsame Lösung»
Die Firma Benteler Rothrist gehört zur weltweit tätigen Benteler Gruppe mit Hauptsitz in Deutschland. In Rothrist werden Stahlrohre produziert, rund 350 Mitarbeiter arbeiten dort. In einer Stellungnahme bestätigt Benteler dass die Arbeitszeit erhöht und der Lohn gesenkt wurde: «Wir sind sehr froh darüber, schnell eine gemeinsame Lösung mit der Mitarbeiterkommission gefunden zu haben. So wird unsere Wettbewerbsfähigkeit nicht weiter verschlechtert. Wir haben uns auch darauf geeinigt, keine Kündigungen vorzunehmen.»
Zum Vorwurf, auch Mitarbeitern den Lohn gekürzt zu haben, die nicht einverstanden waren, schreibt Benteler: «Wir sind froh darüber, dass der Grossteil der Mitarbeiter den Weg gemeinsam mit uns geht. Mit den rund zehn Prozent der Mitarbeiter, die von diesem Weg nicht überzeugt sind, suchen wir das Gespräch.» Wenn keine Lösung möglich sei, müsse man andere Optionen prüfen. Was im Klartext wohl heisst, dass diesen Mitarbeitenden gekündigt wird.
Branchenverband rät von Lohnkürzungen ab
Der Verband der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, Swissmem, empfiehlt seinen Mitgliedern, keine Lohnsenkungen vorzunehmen. Swissmem-Mediensprecher Ivo Zimmermann sagt im Interview mit dem Konsumentenmagazin «Espresso»: «Wenn es die Auftragslage zulässt, macht es Sinn die Arbeitszeit zu verlängern. Von Lohnsenkungen raten wir jedoch ab.» Die Erfahrung zeige, dass sich weniger Lohn schlecht auf die Motivation der Mitarbeitenden auswirke.
Bisher hätten 40 Mitgliederfirmen bereits längere Arbeitszeiten beschlossen. «Eine Hand voll fasst auch Lohnkürzungen ins Auge», sagt Ivo Zimmermann von Swissmem.