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Arbeit Ikea entlässt kurz vor der Pensionierung

Ikea macht Milliardengewinne. Gleichzeitig werden ältere Mitarbeiter kurz vor ihrer Pensionierung entlassen. «Kassensturz» sprach mit Ehemaligen, die jahrelang beim Möbelhaus gearbeitet haben und nun arbeitslos sind.

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Monika Rudigier hat 20 Jahre bei Ikea als Staplerfahrerin in Itingen, Baselland gearbeitet. Drei Tage vor ihrem sechzigsten Geburtstag erhielt sie die Kündigung. «Es tut so weh, so furchtbar weh. Ich komme mir vor wie ein alter Müllsack, der entsorgt wird. Bei einem normalen Müllsack braucht es eine Vignette. Bei uns nicht. Man nahm diesen Müllsack und stellte in hinaus, weg!», sagt Rudigier. Mittlerweile hat sie über 100 Bewerbungen geschrieben. Doch die 61-jährige Frau erhält stets Absagen.

Auch Alfred Alt arbeitete im Lagerhaus der Ikea. Elf Jahre setzte er sich als Staplerfehrer für die Firma ein. Mit seinen Chefs sprach der 62-jährige bereits über seine Frühpensionierung. Doch auch ihm hat Ikea gekündigt. «Ich finde, das ist eine Firma, welche die Arbeit langjähriger Mitarbeiter gar nicht schätzt. Es ist ein fieses und falsches Unternehmen», sagt Alfred Alt.

IKEA-Besitzer ist Multi-Milliardär

«Arbeitgeber dürfen auch einem langjährigen Mitarbeiter kurz vor der Pensionierung kündigen», erklärt Thomas Geiser, Professor für Arbeitsrecht an der Universität St. Gallen. «In der Schweiz gilt grundsätzlich die Kündigungsfreiheit. Allerdings ist diese grosse Freiheit nur deshalb möglich, weil Schweizer Arbeitgeber in aller Regel anständig sind und sich an die schweizerischen Gepflogenheiten halten, dass man Leute nicht kurz vor ihrer Pensionierung entlässt.»

Ikea beschäftigt weltweit 127‘000 Mitarbeiter. Das Möbelhaus gibt sich sozial: In Werbespots stellt sich Ikea am liebsten als grosse Familie dar. Mit glücklichen Mitarbeitern. Der Gründer, Ingvar Kamprad, ist heute einer der reichsten Männer der Welt. Bei seinen Mitarbeitern gibt sich der 84-Jährige als kumpelhafter Patron. Offenheit und Ehrlichkeit seien ihm wichtige Werte. Mitarbeiter dürfen ihn darum auch per «Du» ansprechen.

Die Kündigungsgründe bleiben geheim

Doch zu den Kündigungen der langjährigen Mitarbeiter will Ikea vor der Kamera nicht Stellung nehmen. Ikea Lager und Services AG betreibt das Lager in Itingen. Sie bestreitet, dass sie vor allem ältere Mitarbeiter entlässt und schreibt «Kassensturz»: «Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes verzichten wir auf Aussagen über die Kündigungsgründe. Beide Kündigungen wurden nach reiflicher Überlegung und mit triftigen Gründen ausgesprochen.»

Im Ikea-Lagerhaus in Itingen haben in den letzten drei Jahren viele ältere und auch langjährige Mitarbeiter ihren Job verloren. Ikea war für sie das zweite zu Hause. Vor allem die Älteren haben Mühe neue Arbeit zu finden. Als Kündigungsgrund gibt Ikea stets Reorganisation oder nachlassende Leistung an. Es fällt auf: Die Kündigungen bei Ikea Lager und Services sind gestaffelt. Der Verdacht: Ikea umgeht auf diesem Weg eine Massenentlassung.

Der Arbeitsrechtler Thomas Geiser sagt dazu: «Bei einer Massenentlassung haben Firmen gewisse Probleme, weil sie ein Verfahren einhalten müssen. Massenentlassungen sind sehr genau geregelt. Unternehmen können dabei Fehler machen, was oft unangenehm ist und die Entlassungen nach aussen hin publik macht. Es ist genau dann nicht sehr angenehm, wenn ein Unternehmen gleichzeitig gute Gewinne machen».

Ikea: «Nur wenige Kündigungen»

Ikea wächst und wächst. Im letzten Jahr stieg der Reingewinn des Möbelgiganten auf über 3,5 Milliarden Franken. Der Vorwurf, man umgehe mit gestaffelten Kündigungen eine Massenentlassung, streitet Ikea Lager und Services ab: «Seit Bestehen der Ikea Lager und Services AG in der Schweiz wurden nur wenige  Kündigungen ausgesprochen. Die Behauptung, wir wollten eine Massenentlassung umgehen, entbehrt jeder sachlichen Grundlage», erklärt Ikea in einer Stellungsnahme.

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