Zum Inhalt springen

Arbeit Illegale Arbeitsverträge: Angestellte ausgebeutet

Das Stelleninserat verspricht einen hohen Stundenlohn mit zusätzlichen Provisionen. Doch nachdem ein Arbeitnehmer mehrere Tage gratis auf Probe gearbeitet hat, stellt ihn die Firma nicht an. Immer mehr Firmen nützen Angestellte mit Gratis-Probetagen aus. «Kassensturz» sagt: Das ist illegal.

Mehr zum Thema

Die Versprechungen in den Kleininseraten gleichen sich: Stets ist die Rede von einem hohen Stundenlohn mit Aussicht auf zusätzliche Provisionen. Für viele Arbeitslose ein verlockendes Angebot. Auch nach dem Vorstellungsgespräch sind sie jeweils voller Hoffnung, denn oft wird eine Festanstellung in Aussicht gestellt. Zuerst aber muss mehrere Tage probeweise gearbeitet werden.

Weder Lohn noch Arbeitsvertrag

So erging es letzten Sommer auch Nikolaos Sismanidis aus Dübendorf ZH. Ihm wurde von den Verantwortlichen der Callcenter-Firma Tricall erklärt, er erhalte eine feste Anstellung, wenn er die dreitägige Probezeit bestehe. Sismanidis telefonierte während drei Tagen fast pausenlos, um möglichst viele Verträge für eine Telecomfirma abzuschliessen. Ende Woche dann die Ernüchterung: Für die ganze Probezeit erhielt er weder einen Lohn noch einen Arbeitsvertrag.

«Kassensturz» hat Kenntnis von einem weiteren Fall bei der Firma Tricall. Zu all diesen Fällen erklärt Kaspar Bütikofer von der Gewerkschaft Kommunikation: «Es gilt der

 Grundsatz: Arbeit gegen Lohn.» Er kritisiert die unbezahlte Probezeit: «Das ist stossend. Ich habe das Gefühl, dass man die Notlage von Arbeitslosen ausnützt.»

«Das ist nicht der richtige Weg»

Tricall-Verwaltungsratspräsident Patrick Vogt rechtfertigt die unbezahlte Probezeit damit, dass nur so wirklich geeignete Mitarbeiter gefunden werden könnten. Zudem sei für die Bezahlung der Probetage das Temporärbüro zuständig, das die Interessenten vermittle. Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), zuständig für die Aufsicht über die Temporärbüros, hält man den Temporärvertrag der Vermittlerfirma jedoch für illegal. Dazu Seco-Sprecher Hannes Vedovati: «Hier handelt es sich um einen Lohnrückbehalt. Denn das Geld wird erst ausbezahlt, wenn ein gewisser Umsatz erreicht ist. Das ist unzulässig.»

Selbst für Dieter Fischer, Präsident des Callcenter-Verbands, «ist das nicht der richtige Weg». Der Verband empfehle das auch nicht, betont Fischer: «Ein probeweise geführtes Verkaufsgespräch ist aber sicher vernünftig.»

Dagegen hätte auch Nikolaos Sismanidis nichts einzuwenden gehabt. Nun wartet er aber noch immer auf seinen Lohn.

Meistgelesene Artikel