Die staatlichen Kinderzulagen sind eine wichtige soziale Einrichtung. Vor allem für Familienväter, die nicht viel verdienen, fällt dieser Zustupf stark ins Gewicht.
Das Geld wird zwar vom Arbeitgeber mit dem Lohn ausbezahlt, dieser bekommt den Betrag aber vom Staat zurückvergütet. Umso fieser, wenn der Chef die Kinderzulagen seiner billigen Arbeitskräfte zurückbehält.
Arbeitgeber ist bei der Gewerkschaft bekannt
Genau das ist Alvaro de Almeida passiert. Seine Frau und die beiden Töchter leben in Portugal. Er selbst wohnt in einer kleinen Wohnung in Heimenschwand im Kanton Bern. Sein Geld verdiente er bis Juli 2010 als Mechaniker in der Autogarage von Daniel Chiaberto in Uetendorf. Ganze 3000 Franken brutto. Auf seine Kinderzulagen wartet er bis heute. Es geht um insgesamt 4000 Franken. De Almeida bräuchte das Geld dringend: «4000 Franken sind für mich viel Geld. Die Kinder brauchen das für die Schule, Kleidung und für die öffentlichen Verkehrsmittel.»
In seiner Verzweiflung wendete sich der Portugiese an die Gewerkschaft Unia. Sein ehemaliger Chef ist dort kein unbeschriebenes Blatt, wie Generalsekretär Martin von Allmen bestätigt: «Wir stellen fest, dass dies bei Herrn Chiaberto anscheinend System hat. Wir hatten bereits sieben oder acht Fälle mit immer denselben Geschichten: Kinderzulagen, die nicht weitergeleitet worden sind, Unklarheiten beim BVG, und korrekte Arbeitsverträge haben wir auch nicht gesehen.»
Schuld sind immer die anderen
Der Garagist Daniel Chiaberto findet, die verschlampten Kinderzulagen seien nicht sein Fehler. Schuld sei die Bürokratie: «Der Grund ist, dass bei jedem dieser Ausländer alle Papiere stimmen müssen. Sie müssen beglaubigt sein, dass die Frau nicht arbeitet und so weiter. Es ist ein riesiger Papierkrieg.» Wegen eines Krankheitsfalles hätte seine Buchhaltung in den letzten Jahren etwas gelitten. Ausserdem habe er die Kinderzulagen manchmal vorgeschossen, von der Ausgleichskasse aber nie etwas erhalten. Deshalb findet der Arbeitgeber: «Jetzt zahle ich nicht mehr, bis ich die Zustimmung habe, dass ich das Geld zurück erhalte.»
Ein überfälliges Happyend
Nur: Diese Zustimmung für de Almeidas Kinder liegt von der Ausgleichskasse schon lange vor. Gewerkschafter Martin von Allmen hat die Beweise in der Hand: «Ich habe von Herrn Chiabertos Sekretärin ein Schreiben erhalten, und zwar mit einer Beilage der Ausgleichskasse. Das zeigt, dass der Garagist vor mindestens einem Jahr das Geld für die Kinderzulagen erhalten hat. Er hat sie einfach nicht weitergeleitet.»
Traurig genug, wenn der Arbeitgeber den Angestellten Geld vorenthält. Schlimmer noch: Daniel Chiaberto hätte diese paar Tausend Franken gar nicht nötig. Denn ihm gehört nicht nur die Garage in Uetendorf, sondern er besitzt insgesamt 38 Liegenschaften mit 100 Wohnungen.
Alvaro de Almeida hat die 4000 Franken Kinderzulage in der Zwischenzeit doch noch erhalten. Genau einen Tag nachdem «Kassensturz» mit seinem ehemaligen Chef, Daniel Chiaberto, telefoniert hat. Ein Zufall?