Laut Eigenwerbung gilt das «Bernaqua» im Berner Einkaufstempel Westside als «grösste Erholungs- und Wellnessdestination» der Schweiz. Für die rund 140 Angestellten der Anlage ist die Arbeit aber alles andere als entspannend. Dies berichten ehemalige wie aktuelle Mitarbeitende im «Kassensturz». Die Anlage wird von einer Migros-Tochter betrieben.
Ein Dauerthema ist die hohe Anzahl Krankheitstage im «Bernaqua». Der Leiter des Bades hat sich Anfang dieses Jahres aus diesem Grund ehrgeizige Ziele gesetzt: Er wolle die Krankheitstage auf einen Viertel reduzieren. Dies zeigt ein internes Dokument. «Jeder Mitarbeiter ist höchstens eine Woche krank im 2012», steht in einer internen Weisung. Das bekamen die Angestellten zu spüren.
Laut den Aussagen ehemaliger und aktueller Mitarbeitenden wurde der Druck erhöht, um die Zahl der Krankheitstage zu reduzieren. Der Vorwurf der Angestellten: Die Vorgesetzten hätten lange Mängellisten geführt und das Personal bei jeder Kleinigkeit verwarnt. In manchen Fällen seien krankgemeldete Angestellte aufgefordert worden, trotzdem zur Arbeit zu erscheinen. Die Vorgesetzten entschieden dann, ob jemand wirklich arbeitsunfähig sei oder nicht - so die Schilderung der Mitarbeiterinnen.
«Druck zu Lasten des Personals»
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Ehemalige Mitarbeitende werfen den Betreibern zudem vor, sie hätten ein Arztzeugnis bereits ab dem ersten Krankheitstag vorlegen müssen. Tatsächlich steht im Landes-Gesamtarbeitsvertrag der Migros-Gruppe, dass dem Vorgesetzten auf Verlangen eine Bescheinigung zuzustellen sei. Im ergänzenden Personalreglement hingegen ist im Normalfall der dritte Krankheits- oder Unfalltag verankert.
Für die Unia ist der Fall klar: «Die Mitarbeitenden werden pauschal verdächtigt», sagt Barbara Rimml. Die Zahl der Krankheitstage sei tatsächlich hoch, aber nicht die Angestellten seien Schuld daran. «In Bernaqua gibt es vielmehr ein Führungsproblem», sagt die Gewerkschafterin gegenüber «Kassensturz».
Krankheitstage falsch erfasst
Unia wirft der Migros vor, sie verletze im Erlebnisbad das Arbeitsgesetz. Die Gewerkschaft hat beim Kanton Bern nun Anzeige erstattet. Sie listet unter anderem fehlende Nachtzuschläge, kurzfristige Änderungen von Arbeitsplänen und gesundheitsgefährdenten Umgang mit erkranktem Personal auf. Auch Krankheitstage seien fälschlicherweise als Minusstunden erfasst worden. Ehemalige Mitarbeitende werfen Bernaqua zudem missbräuchliche Kündigungen vor.
Gegenüber «Kassensturz» gibt sich die Migros Aare wortkarg. Sie räumt Fehler sowohl seitens der Vorgesetzten sowie der Mitarbeitenden ein. Und: Es seien notwendige Massnahmen getroffen worden. Konkreter aber wird die Migros nicht. Auch der Betriebschef schweigt zu den Vorwürfen. Auf Anfrage sagt er, ein Arztzeugnis bereits ab dem ersten Krankheitstag würde bei ihm nicht verlangt.
Offensichtlich hat die Migros bereits reagiert: «Kassensturz» liegt ein internes Dokument – datiert vom November 2012 – vor. Darin hält die Migros Aare wichtige personelle Belangen fest, wie etwa, dass ein Arztzeugnis nur in Ausnahmefällen ab dem ersten Krankheitstag vorzulegen sei.
«Kassensturz» weiss auch: Mindestens eine umstrittene Vorgesetze arbeitet nicht mehr im «Bernaqua». Doch wie aktuelle Mitarbeitende berichten, herrsche im Arbeitsklima im «Bernaqua» nach wie vor dicke Luft.
Decke stürzte im «Bernaqua» ein
Es ist nicht das erste Mal, dass der Wasserpark «Bernaqua» für Schlagzeilen sorgt. Im April 2011 löste sich eine Deckenkonstruktion und verletzte mehrere Personen. Das Bad konnte erst im Mai 2012 wieder eröffnet werden.