Pünktlich zum Jahresende kommt Post aus der Chefetage: Die Einladung zum Weihnachtsessen und zum Jahresgespräch. Letzteres ist für viele Vorgesetzte eine lästige Pflichtübung, die einem vor den Festtagen eine Menge Zeit raubt und je nach Verlauf beim Weihnachtsessen auf die Stimmung drückt.
Was in unzähligen Betrieben lustlos und stereotyp abgespult wird, zieht für Angestellte einen Rattenschwanz an Konsequenzen nach sich. Angestellte sollten das Mitarbeitergespräch und die damit verbundene Beurteilung ernst nehmen.
Datenschutz am Arbeitsplatz
1. Grundlage für Qualifikation und Arbeitszeugnis
Mitarbeiterbeurteilungen sind die Grundlage des Arbeitszeugnisses. Sie bestimmten, wer weiter kommt. Das Problem in der Praxis: Die Mitarbeiter werden meist anhand vorgegebener Protokolle nach starren und meist viel zu engen Vorgaben beurteilt und benotet.
Viele solcher vorgedruckter Protokolle und später auch viele Arbeitszeugnisse sind zudem voll von verklausulierten Formulierungen. Was auf den ersten Blick gut tönt, ist aber längst nicht immer so gemeint. Mit der Aussage, die Mitarbeiterin habe ihre Aufgaben zur «vollen» Zufriedenheit erledigt, ist – je nach Unternehmen – eine genügende oder gute Leistung gemeint. Weil solche Floskeln und Codierungen nirgendwo einheitlich reglementiert sind, lassen sie Interpretationsspielraum zu und werfen Fragen auf. In Arbeitszeugnissen sind Codierungen nicht zulässig. Trotzdem sind sie weit verbreitet. Längst nicht alle Angestellten erkennen solche Codierungen und wissen um ihre Bedeutung.
Service:
So zum Beispiel ein Bankangestellter. In seiner langjährigen Laufbahn bekam er immer gute Qualifikationen. Als eine Umstrukturierung anstand, drängte man ihn in eine vorzeitige Pensionierung. Der Mann verstand nicht warum. Bei seinen Leistungen? Als er sich mit seinen Qualifikationsprotokollen an eine Rechtsberatung wandte, wurde klar, weshalb seine internen Bewerbungen scheiterten: Codierte Formulierungen beschieden ihm nur durchschnittliche Leistungen.
2. Wann gibt es mehr Lohn?
In vielen Unternehmen hängt von der Beurteilung ab, ob ein Mitarbeiter mehr Lohn bekommt. Häufig haben Vorgesetzte nur eine bescheidene Quote für Lohnerhöhungen zur Verfügung und sind aus diesem Grunde gezwungen, Angestellte unter ihrem eigentlichen Wert zu beurteilen. Fachleute raten denn auch, die Mitarbeiterbeurteilung unabhängig vom Lohngespräch zu führen.
Noch schlimmeres musste eine Verkäuferin in einem Grossbetrieb erfahren. Jahrelang wurde sie als «genügend» eingestuft. Laut Betriebsreglement habe automatisch Anspruch auf eine Lohnerhöhung, wer mit «gut» oder noch besser qualifiziert würde, erklärte die Vorgesetzte. Doch für Lohnerhöhungen sei kein Raum im Budget. Jahre später kam es zwischen der Verkäuferin und ihrer Vorgesetzten zu einem Konflikt. Die Verkäuferin bekam die Kündigung. Begründet wurde diese nun mit den laut den Mitarbeiterbeurteilungen mangelhaften Leistungen der letzten Jahre.
3. Beide Seiten sollen profitieren
Diese Beispiele zeigen, dass Mitarbeitergespräche vielerorts als gigantischer Leerlauf empfunden werden. Für Angestellte kann der Leerlauf gravierende Folgen haben.
Dabei könnten beide Seiten von einem Mitarbeitergespräch profitieren. Dann nämlich, wenn nicht starre Protokolle mit engen Beurteilungen ein Gespräch diktieren, sondern das stattfinden kann, wofür man oft im Alltag zu wenig Zeit hat: ein Gespräch über das vergangene Jahr, die Zusammenarbeit und über gemeinsame Perspektiven. In dieser Form ist ein Mitarbeitergespräch nicht nur angenehmer für beide Seiten. Es bringt auch etwas. Für beide Seiten.