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Arbeit Tieflohn und illegale Verträge: Deutsche schuften für Securitas

Securitas sorgt im Auftrag der SBB in Zügen für Sicherheit. Doch in der Securitas-Uniform steckt nicht immer ein Securitas-Mann. «Kassensturz» enthüllt: Eine Drittfirma lockte Deutsche mit falschen Versprechen in die Schweiz und stellte sie zu illegalen Bedingungen an – auch Vorbestrafte.

Ausgerüstet mit Pfefferspray, gekennzeichnet mit einer giftgelben Weste patroullieren Securitas-Mitarbeiter in Bahnhöfen und kontrollieren Züge. Alleine auf dem Streckennetz des Zürcher Verkehrsverbundes sind sie täglich für die Sicherheit einer halben Million Menschen mitverantwortlich.

Auch Sergej Unger steckte in der Uniform der Securitas. An diese Zeit denkt er allerdings nur ungern zurück: «Da war viel zu wenig Arbeit für mich da. Ich arbeitete 70 bis 100 Stunden im Monat, obwohl vertraglich eine Vollzeitstelle ausgemacht war, das heisst 40 Stunden in der Woche.»

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Gleichwohl habe er Kosten fürs Auto und die Miete tragen müssen, klagt der ehemalige Sicherheitsangestellte. «Und das alles für 1500 Franken. Also das ist unmöglich, unrealistisch so etwas.»

Finanzielle Krise

Sergej Unger arbeitete für Securitas. Seinen Arbeitsvertrag hatte er aber mit dem Subunternehmen AD Sicherheitsdienste und Service GmbH abgeschlossen. AD Sicherheitsdienste holte all seine Mitarbeiter aus Deutschland und stellte sie Securitas zur Verfügung.

Monat für Monat beschäftigt Securitas Sergej Unger zu wenig. Sein Netto-Lohn sank regelmässig unter 2000 Franken. Damit lässt sich in der Schweiz kaum leben. «Wenn ich mir die Lohnabrechnung anschaue: 1500 Franken, 1700 Franken; das war ganz anders als das, was ich erwartet habe.» Er habe mindestens mit dem Doppelten gerechnet, sagt der ausgebildete Sicherheitsfachmann.

Leere Versprechen

In deutschen Stelleninseraten suchte AD Sicherheitsdienste Mitarbeiter. Für Securitas lockte die deutsche Firma Sicherheitskräfte in die Schweiz. AD Sicherheitsdienste versprach: «Neues Projekt in der Schweiz.» «Sehr gute Bezahlung.»

Die Verantwortlichen schreiben auch von «Vollzeit» und weisen auf eine 40 Stundenwoche hin. Explizit ist erwähnt, dass es sich um keinen Mini-Job handelt.

Familiäre Konsequenzen: Die Trennung

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«Kassensturz» trifft in Bayern Steven Riehm. Auch ihm wurde vor zwei Jahren eine Vollzeit-Anstellung in der Schweiz versprochen. Der Familienvater unterschrieb den Arbeitsvertrag und reiste nach Zürich.

Der Traum, einen anständigen Lohn zu erhalten und für seine Familie sorgen zu können, habe sich aber alsbald in Luft aufgelöst, so Steven Riehm, von Lebensqualität keine Spur: «Die war eigentlich gleich null.» Er sei die ganze Zeit ins «Minus gefahren».

Immer auf Abruf

Von seinem Arbeitgeber sei eine stetige Erreichbarkeit verlangt worden: Sieben Tage die Woche, 24 Stunden. Dazu der miserable Lohn. Innerhalb kurzer Zeit hatte diese Situation bei Steven Riehm auch familiäre Konsequenzen. «Meine Frau kehrte wieder zurück nach Deutschland. Da war zuerst einmal der komplette Bruch».

Heute ist die Familie wieder vereint, aber nur weil Steven Riehm den Dienst in der Schweiz an den Nagel gehängt hat.

Subunternehmen schiebt Verantwortung ab

Das sagt die SBB

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Seit 2011 ist die Transportpolizei der SBB auch für die Sicherheit auf dem Netz des Zürcher Verkehrsverbundes zuständig. Dazu arbeitet sie mit rund 250 Mitarbeitern der Securitas zusammen. Die SBB will zu den Vorwürfen der Arbeitsbedingungen und den Vorstrafen einzelner Securitas keine Stellung beziehen. Diese hätten keine Verträge mit der SBB.

«Kassensturz» fährt nach Baar. Im steuergünstigen Kanton Zug hat die AD Sicherheitsdienste ihren Schweizer Ableger. Firmenbesitzer Alexander Dürr ist nicht vor Ort anzutreffen, er antwortet schriftlich: «Die AD Sicherheitsdienste war dem gesamten Reglement der Securitas unterstellt. Einsatzpläne, Stundenmenge, sowie jegliche personelle Forderungen, wurden ausschliesslich von der Securitas entschieden.»

Bei der Gewerkschaft Unia ist Arnaud Bouverat für die Sicherheitsbranche zuständig. Für ihn ist klar: Die Arbeitsverträge der AD-Angestellten verstossen in vielen Punkten gegen das Arbeitsgesetz. Zum Beispiel: dem Arbeiter kann fristlos gekündigt werden, wenn er sich bei Krankheit weniger als acht Stunden vor Dienstantritt abmeldet. Auch Unordnung in den Arbeiterwohnungen ist ein Grund für eine fristlose Entlassung.

Gesetzeswidrige Verträge

«Verschiedene Bestimmungen dieser Verträge sind ungültig und gesetzwidrig. Das ist unhaltbar für Securitas solche Verträge zu tolerieren, auch wenn es ein Drittunternehmen ist», hält der Gewerkschafter fest. Securitas nehme hier ihre Verantwortung nicht wahr. Arbeiter via Drittfirma aus dem Ausland zu holen und diese in eine Securitas Uniform zu stecken, erschüttere zudem das Vertrauen in Securitas, ist Arnaud Bouverat überzeugt.

«Die Unia ist der Meinung, dass Leute in Securitas-Uniformen auch von Securitas angestellt sein müssen. Punkt. Schluss.» Es sei eine Frage der Qualität der Leistungen, der Arbeitsbedingungen und auch der Transparenz für den Kunden. «So ist das nicht haltbar.»

Eintrag im Strafregister

Zu wenig Arbeit, zu wenig Lohn, falsche Versprechen. Damit nicht genug: Steven Riehm arbeitete während einem halben Jahr bei Securitas und bestätigt gegenüber «Kassensturz», was andere Mitabeiter auch sagen: In den Uniformen der Securitas stecken offenbar auch Straftäter: «Es gibt Mitarbeiter, die in Deutschland vorbestraft sind und die in Deutschland niemals im Sicherheitsdienst arbeiten dürften».

Auch Steven Riehm selber darf in Deutschland nicht mehr als Sicherheitsangestellter arbeiten. Und er hätte dies auch während der Zeit bei Securitas nicht tun dürfen. Seit 2010 ist er in Deutschland auf Bewährung. Er hat Strafregistereinträge unter anderem wegen Gewalt gegen Polizisten und Sachbeschädigung. Das habe aber weder bei AD noch bei Securitas jemanden interessiert, betont er.

Securitas rechtfertigt sich

Securitas will vor der Kamera keine Stellung nehmen. Deren Kommunikationsleiter Urs Stadler schreibt «Kassensturz», die Zusammenarbeit mit AD Sicherheitsdienste sei seit Herbst 2014 gänzlich aufgegeben worden. Während der Aufbauphase des Sicherheitsdienstes beim ZVV sei man wegen personellen Engpässen auf die Zusammenarbeit mit der Subunternehmung angewiesen gewesen.

Zum Vorwurf der Unterbeschäftigung der aus Deutschland stammenden Mitarbeiter schreibt Securitas: «Über Versprechen der AD gegenüber potenziellen Sicherheits-Mitarbeitenden aus Deutschland können wir keine Angaben machen. Von zentraler Bedeutung für die Securitas AG war jederzeit, dass die Bedingungen des Gesamtarbeitsvertrages durch AD eingehalten werden.»

Noch immer Vorbestrafte im Dienst?

Securitas hat inzwischen den grössten Teil der Mitarbeiter, die durch AD Sicherheitsdienste in die Schweiz geholt worden sind, übernommen. Ob sich darunter auch Personen befinden, die sich im Ausland strafbar gemacht haben, kann Urs Stadler nicht ausschliessen: «Die Sicherheitsüberprüfung war anfänglich vertragliche Pflicht der AD, danach hat die Securitas die Leumunds-Abklärungen für den Zeitraum des Aufenthalts in der Schweiz übernommen. Wir gehen heute nach bestem Wissen davon aus, dass unsere Mitarbeitenden keine Strafregistereinträge aufweisen, welche für den Sicherheitsdienst bedenklich wären.»

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