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Arbeit Zebra stolpert über Arbeitsbedingungen

Angestellte in Zebra-Modeboutiquen müssen sich einiges gefallen lassen: Taschenkontrollen, Minus-Beträge in der Kasse aus dem eigenen Sack bezahlen. Auch die Kleidertragpflicht entspricht nicht den gesetzlichen Regelungen. Wer aufmuckt, muss mit der Kündigung rechnen.

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Das Epizentrum liegt in der Zebra-Filiale Marktgasse in Bern. Die teure Lage bedingt viel Umsatz. Eine neue Filialleiterin sollte mehr Gewinn generieren und kehrte mit eisernem Besen. Vielleicht ein wenig zu stark: Die Stimmung fiel in den Keller, klagen diverse Zebra-Verkäuferinnen dem «Kassensturz»: «Sie haben uns gesagt, wir arbeiten langsam. Wir wurden behandelt wie die letzten Menschen.»

Taschenkontrollen nach Ladenschluss

Die Modeboutique-Kette hat 90 Filialen in der Schweiz und beschäftigt 470 Mitarbeiterinnen. Zielpublikum sind vor allem junge Frauen. Die Kleider liegen in der unteren Preisklasse.

Zoff gab es zuerst in der Berner Filiale an der Marktgasse. Im Geschäft wurde gestohlen. Die Filialleitung verdächtigte das Personal. Deshalb mussten die Verkäuferinnen bei Ladenschluss ihre Tasche zeigen. Einige weigerten sich, zum Beispiel Deniz: «Ich muss meine privaten Sachen niemandem zeigen.» Es habe sie verletzt, dass ihre eigene Chefin ihr nicht glaubte. Die Chefin habe sie so schon oft schikaniert. Deshalb hat Deniz bei Zebra gekündigt.

«Wenn es dir nicht passt, die Tür ist offen»

Wer sich die Kontrolle nicht gefallen lassen wollte, wurde sanft auf die Konsequenzen hingewiesen. Zebra-Verkäuferin Vanessa: «Sie haben uns gesagt, sie würden die Taschen dann einfach in unserer Abwesenheit kontrollieren.»

Jennifer Riesen, eine weitere Zebra-Verkäuferin, wusste: Für solche Kontrollen braucht es das Einverständnis der Angestellten. Das teilte sie ihrer Vorgesetzen mit. Die beiden gerieten in Streit. Der Streit eskalierte. Kurz darauf wurde Jennifer freigestellt. Die junge Frau: «Wenn man seine Meinung äussern möchte, dann heisst es, du passt dich nicht der Linie von Zebra an. Wenn es dir nicht passt, die Tür ist offen.»

Drei Frauen am Tisch
Legende: Zebra-Verkäuferinnen klagen an SRF

Riesen informierte sich bei der Gewerkschaft Unia. Martin von Allmen, Gewerkschaftssekretär Unia Bern sagte: «Eine Taschenkontrolle ist nur zulässig, wenn sie freiwillig gemacht wird, also wenn die Leute einverstanden sind. Wenn sich jemand weigert, darf niemand in die Tasche schauen.»

Kontrollen sollen dem Mitarbeiterschutz dienen

Zebra bestreitet diese unfreiwilligen Taschenkontrollen: Man habe sich immer korrekt verhalten, die Taschen nie ohne Erlaubnis kontrolliert: «Taschenkontrollen sind erlaubt und rechtlich einwandfrei, wenn sie freiwillig geschehen. Wir führen sie lediglich zum Schutze der ehrlichen Mitarbeiterinnen durch.»

Nicht nur in Bern, auch in anderen Zebra-Boutiquen gelten seltsame Arbeitsbedingungen. Beispielsweise müssen die Verkäuferinnen allfällige kleine Kassendifferenzen aus der eigenen Tasche bezahlen.

Eine solche Solidarhaftung sei ganz klar unzulässig, sagt die Unia. Zebra schreibt dazu: «Die Verkäuferinnen mussten lediglich für Differenzen bis zu zehn Franken einlegen, soweit diese nicht aus dem ‚Trinkgeldkässeli‘ heraus abgedeckt werden konnten.» Immerhin hat Zebra nun den Fehler eingesehen und hat die Praxis «sofort geändert».

Kleidervorschriften sind unzulässig

Zebra-Verkäuferinnen haben aber noch weitere Konflikte dokumentiert, etwa die umstrittene Kleider-Tragpflicht: Angestellte erhalten zwar 40 Prozent Rabatt auf Zebra-Kleider, sie müssen aber bei jedem Sortimentswechsel neue kaufen. So steht es im Reglement.

Martin von Allmen von der Unia meint dazu: «Das Geschäft kann den Angestellten vorschreiben, dass sie die Kleider der Modeboutique tragen sollen. Aber dann muss das Geschäft die Kleider gratis zur Verfügung stellen.»

Zebra schwärmt von gutem Arbeitsklima

Auch hier lenkt Zebra schliesslich ein: «Wir haben davon Kenntnis genommen, dass diese Praxis rechtlich problematisch ist. Deshalb werden wir unverzüglich davon abrücken und einen Zustand herbeiführen, der rechtlich einwandfrei sein wird.»

«Kassensturz» und Gewerkschaft kennen weitere Personen, die sich solche Arbeitsbedingungen bei Zebra nicht mehr gefallen lassen wollen. Aus Angst vor Kündigung wollen sie aber nicht an die Öffentlichkeit.

Zebra erklärte gegenüber «Kassensturz» mehrfach mündlich und schriftlich, dass das Verhältnis zwischen den Mitarbeiterinnen und der Geschäftsleitung der Zebra Fashion AG «im Allgemeinen nicht nur gut, sondern ausgesprochen kollegial und gut» sei. Seltsam nur, dass die Firma ihre Arbeitsbedingungen erst auf Druck von Gewerkschaft und «Kassensturz» ändert.

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