«Espresso»-Hörer Johann Heinzl wohnt seit über 30 Jahren in der Schweiz. Er besucht seine betagte Mutter regelmässig im bayrischen Donauwürth. Dazu gehört auch ein Besuch im türkischen Supermarkt gleich um die Ecke. Darin sieht Johann Heinzl seit Jahren Produkte, die er aus der Migros kennt.
Dumpingpreise im Vergleich zum Originalpreis
Erst beim letzten Besuch schaut er sich diese Produkte genauer an – und erschrickt. Die Preise entsprechen einem Bruchteil des Preises, den er jeweils in der Migros bezahlt. Total-Waschmittel für umgerechnet fünf Franken statt über 15 Franken in der Migros. Der Kunde wendet sich an die Migros und erhält einen Standardbrief, in dem auf das unterschiedliche Preisniveau der Schweiz und dem nahen Ausland eingegangen wird.
Doch das reicht Johann Heinzl logischerweise nicht als Erklärung. Erst als das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» bei der Migros nachfragt, geht der Grossverteiler der Sache vertieft nach. Bald wird klar: Es handelt sich nicht um aktuelle Produkte. Die Fachleute der Migros schauen ins Archiv und werden fündig – die Produkte wurden vor fast zehn Jahren aus den Regalen genommen.
Waschmittel wurden 2008 durch neue Produkte ersetzt
Sprecherin Monika Weibel erklärt, dass die Waschmittel der Migros-Eigenmarken Total und Exelia in dieser Form seit 2008 nicht mehr verkauft werden. Ob die alten Waschmittel heute überhaupt noch genügend Waschleistung haben, weiss sie nicht. Auch die Abwaschtabs aus dem Supermarkt sind seit 2011 nicht mehr in den Regalen zu finden. Zudem seien sie noch phosphathaltig, was in der Schweiz mittlerweile verboten ist.
Das Alter der Produkte sei erstaunlich, sagt Monika Weibel. Dass ausgediente Migros-Artikel im Ausland verkauft werden, sei jedoch an und für sich nichts Ungewöhnliches. Wird ein Artikel durch eine neue Version ersetzt, versucht die Migros die alten Produkte zunächst durch Aktionen loszuwerden. Seit einigen Jahren hat der Konzern auch die Möglichkeit, diese Produkte vergünstigt in einem der gut 20 Migros-Outlets in der Schweiz zu verkaufen.
Liquidationsfirmen übernehmen Restposten – fürs Ausland
Da es dennoch häufig Restposten gibt, wird die Migros laut Sprecherin Monika Weibel auch von sogenannten Liquidationsfirmen kontaktiert. Diese können die ausgelisteten Artikel übernehmen, unter der Auflage, sie nicht in der Schweiz zu verkaufen. So gelangen Migros-Artikel in Supermärkte im Ausland – wo sie zu einem Bruchteil des ursprünglichen Preises verscherbelt werden.
«Espresso» kontaktiert auch den Besitzer des Supermarkts im bayrischen Donauwürth. Dieser zeigt sich erstaunt über das Alter der Produkte. Er habe die Produkte von einem Händler in Augsburg gekauft. Nun habe er seine Angestellten jedoch angewiesen, die alten Produkte umgehend aus den Regalen zu nehmen.