Das Wichtigste in Kürze
- Dating-Plattformen versprechen heisse Sex-Treffen – spontan und jederzeit. Gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» schildern Nutzer allerdings eine andere Realität.
- Ein Betroffener hat rund 100 Frauen angeschrieben. Keine einzige davon habe geantwortet, keine habe auch nur sein Profil angeklickt. Andere sagen, auf konkrete Fragen bekomme man die immer gleichen Standard-Antworten.
- In den beschriebenen Fällen geht es um die beiden fast gleichlautenden Plattformen «Casual Lounge» und «The Casual Lounge». Beide weisen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf hin, dass sie sogenannte Animateure bzw. moderierte Profile einsetzen.
- Die zwei Betreiber der Seiten haben auf eine Stellungnahme verzichtet.
- Der Einsatz von falschen Profilen ist an der Tagesordnung: Die Verbraucherzentrale Bayern hatte kürzlich in einer Untersuchung fast 200 Datingplattformen mit entsprechenden AGB-Hinweisen gefunden.
«Casual Lounge» – der Name steht für heisse Sex-Abenteuer, spontane Treffen mit wildfremden Personen, immer und überall. Daniel Meier (Name geändert) wollte es ausprobieren und ist auf der Seite «Casuallounge.ch» gelandet. Seit Jahren ist er Single.
Nachdem er sich gratis registriert hatte, wurde ihm schnell klar, dass er ohne Geld zu bezahlen, nie jemanden treffen würde. Also schloss er ein dreimonatiges Abo ab für 150 Franken. Ein paar der vorgeschlagenen Frauen habe er dann angeschrieben. «Aber keine hat geantwortet, und keine hat mein Profil angeschaut», erzählt er dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Das habe ihn stutzig gemacht: Nicht antworten sei das Eine – aber dass keine Frau sein Profil anschaue? Das wollte er nicht glauben, denn «der Mensch ist doch von Natur aus neugierig».
«Das ist Betrug»
Also machte Daniel Meier den Test: Er schrieb alle Frauen an, die ihm das Portal für ein Treffen vorgeschlagen hatte. Rund 100 Frauen also. Resultat: «Keine einzige hat geantwortet, keine einzige hat mein Profil angeschaut.» Und das, obwohl angeblich auch die registrierten Frauen auf der Suche nach einem Date sind. Für Daniel Meier ist klar: «Das ist Betrug und Geldmacherei.»
Ähnliches erlebt hat Martin Müller (Name geändert) mit der fast gleichlautenden Plattform «Thecasuallounge.ch». Ernsthafte Kontakte hätten sich keine ergeben. Auf seine konkreten Fragen hätten die Frauen keinen Bezug genommen: «Du schreibst dir die Finger wund und zurück kommt nur Müll», fasst er zusammen.
«Animateure» und «Moderierte Profile»
Was den beiden Männern passiert ist, ist bei Dating-Plattformen an der Tagesordnung. Viele arbeiten nämlich mit falschen Profilen – und sie geben das in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen dreisterweise sogar zu. So heisst es etwa bei «Casual Lounge», dass «moderierte Profile» zum Service gehören. «Die moderierten Profile sind nicht gesondert im Portal gekennzeichnet und […] Texte und Bilder der moderierten Profile verweisen nicht auf tatsächliche Personen.» Es seien auch keine realen Treffen mit diesen Profilen möglich.
Ähnlich tönt es bei «The Casual Lounge». Der Anbieter spricht in seinen AGB von Animateuren. Dabei handle es sich um reale Personen. Der Nutzer sei sich allerdings bewusst, «dass er die eingesetzten Animateure nicht im realen Leben treffen kann».
Auf die Anfragen von «Espresso» haben die Betreiber der beiden Plattformen nicht reagiert.
«Viele schwarze Schafe»
In Deutschland hat die Verbraucherzentrale Bayern kürzlich bei fast 200 Datingportalen Hinweise auf falsche Profile gefunden. «Wir waren über diese hohe Zahl selbst überrascht», sagt die Verantwortliche Susanne Baumer. Es gebe durchaus seriöse Portale aber eben «auch viele schwarze Schafe». Und das Problem sei, dass man diese auf den ersten Blick kaum erkenne: «Die Seiten sehen seriös und professionell aus», sagt Susanne Baumer. Als Konsument müsse man die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ganz genau anschauen.
Allerdings: Längst nicht alle Dienste weisen auf den Einsatz falscher Profile hin. Susanne Baumer von der Verbraucherzentrale Bayern rät daher zu «sehr viel gesundem Menschenverstand». Es gebe Berichte von Nutzern, die sich zunächst auf Gratis-Portalen unterhalten hätten und dann zum Wechsel auf ein kostenpflichtiges Portal gedrängt worden seien. In einem solchen Fall sollten alle Alarmglocken läuten.