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«Espresso Retro» Gala-Uniform: 2,5 Mio. Franken für ein feines Stöffchen

Im Rahmen der Serie «Espresso Retro» zeigt sich, wie viel den Schweizern die Armee früher Wert war: 1981 verbuchte ein unscheinbarer Budgetposten der Armee 2,5 Mio. Franken für Gala-Uniformen für Offiziere. Die Textilindustrie wehrte sich erfolgreich gegen eine Kürzung.

Gruppenbild mit fünf Leutnants in alter Uniform, daneben eine Soldatin mit neuer Ausgeh-Uniform.
Legende: Damals und heute: Eine Gruppe Leutnants im Jahre 1982, rechts daneben die aktuelle Ausgehuniform. zvg

Zusätzlich zur Ausgeh-Uniform wurde Offiziersaspiranten bis 2004 eine zweite, noch edlere Uniform angeboten: Die Galauniform, bestehend aus Waffenrock, Hose, Stoffgurt, Mütze und Regenmantel. Mit dieser Uniform liessen sich die stolzen Leutnants brevetieren, nachher wurde diese Uniform meist zuhause eingemottet und kaum mehr gebraucht.

Privat bestellt – vom EMD finanziert

Während die Uniform für alle Militärangehörigen zur Grundausrüstung gehört, wurde die Galauniform von den Offizieren privat bestellt. Das Eidgenössische Militärdepartement EMD subventionierte diese Anschaffung aber sehr grosszügig mit tausend Franken. Damit war die Uniform praktisch bezahlt.

«Espresso retro»

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Uniformschneidereien gab es um 1981 noch zuhauf in der Schweiz. Diese buhlten jeweils um die angehenden Offiziere und besuchten sie in der Offiziersschule, um rechtzeitig Mass zu nehmen und den Auftrag zu erhalten.

Die Redaktion der Konsumentensendung «Index 5 vor 12» wagte es im November 1981, diesen Budgetposten zu kritisieren. Immerhin, so rechnete die Redaktion vor, liessen sich mit 2,5 Mio. Franken damals 1200 Sturmgewehre oder zehn Schützenpanzer kaufen.

«Höheren Orts anders entschieden»

Angesprochen auf die kaum verwendeten Galauniformen zeigte der Ausbildungschef der Armee, Korpsommandant Hans Wildbolz, Verständnis: «Das sind politisch-wirtschaftliche Entscheidungen, die nicht die Armee trifft. Für uns wäre eine Reduktion denkbar. Aber man entschied dann höheren Orts anders.» Damit erklärte Wildbolz in einer für einen hohen Militär heute kaum mehr denkbaren Offenheit gegenüber Medien, dass der Budgetposten «Galauniform» einer Geldspritze für die Schweizer Textilindustrie gleichkam.

Es hat sich viel verändert seit 1981: Sowohl die Armee wie auch die Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie sind noch einen Viertel so gross wie damals:

Der Personalbestand der Armee schrumpfte in dieser Zeit von 750‘000 auf heute noch 175‘000 Armeeangehörige. Die Textilindustrie beschäftigte 60‘000 Angestellte. Heute sind es noch 13‘000. Viele Arbeitsstellen wurden in Billiglohnländer verlegt, wo die Uniformen und Kleider genäht werden.

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Mit der Armeereform 95 und der Einführung der neuen Ausgangsbekleidung ab 1.1.1996 wurde die Anschaffung einer massgeschneiderten Zweituniform für Offiziere schrittweise sistiert und per 1.1.2004 definitiv aufgehoben. Kaj-Gunnar Sievert vom Bundesamt für Rüstung, Armasuisse: «Das Tragen dieser massgeschneiderten Uniform wurde nie verboten. Da sich jedoch die neue Uniform optisch von der alten unterscheidet, ist sie heute praktisch nicht mehr im Einsatz.»

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