Sommerzeit ist Reisezeit. Mit Hochgeschwindi-gkeitszügen reist man von der Schweiz aus schnell und bequem nach ganz Europa. Doch was viele nicht wissen: Auch ausländische Bahnen verkaufen Tickets direkt an Schweizer Kunden. Die Preise für solche Reisen variieren stark.
Dieselbe Leistung – unterschiedlicher Preis
Diese Erfahrung machte Marco Rohr bei einer Reise von Schaffhausen nach Basel. Der kürzeste Weg führt hier mit der Deutschen Bahn direkt den Rhein entlang.Der Software-Ingenieur aus Schaffhausen kaufte das Zugbillet direkt am SBB-Schalter in Zürich und bezahlte dafür 61 Franken.
Am nächsten Tag im Zug traf er einen Bekannten. Dieser erzählte ihm, er habe das genau gleiche Ticket am Schalter der Deutschen Bahn gekauft; und zwar für 27 Euro, also umgerechnet 33 Franken.
SBB-Kunden bezahlen somit für dieselbe Reise im selben Zug unglaubliche 84 Prozent mehr.
Marco Rohr konnte es kaum glauben: «Ich war enttäuscht. Für die gleiche Leistung sollte man doch auch den gleichen Preis zahlen müssen!»
SBB schickt Kunden ins Internet
Ein Einzelfall? «Kassensturz» machte einen Vergleich und holte möglichst zeitgleich verschiedene Offerten ein. Direkt im Internet, per Mail oder per Telefon. Auffallend: Die SBB verweisen ihre Kunden oft ins Internet, man könne dort selber buchen. Die Deutsche Bahn hingegen schickt jeweils gleich eine konkrete Offerte. Und diese ist erst noch viel günstiger.
Das zeigt dieses Beispiel: Eine Reise im April ab Winterthur nach München, hin und zurück in der 1. Klasse, mit Halbtax. Der SBB-Kundendienst bestätigt am Telefon einen Preis von 195 Franken. Die Deutsche Bahn lässt ihre Kunden bereits für umgerechnet rund 154 Franken in den genau gleichen Zug einsteigen. Die SBB sind hier 27 Prozent teurer.
Bezahlen Schweizer Kunden einen Preisaufschlag? SBB-Sprecher Christian Ginsig verneint: «Wir verrechnen auf internationalen Tickets keinen Zuschlag. Wir geben die Tarife, welche uns die ausländischen Bahnunternehmen anbieten, eins zu eins weiter.»
Genau das möchten die SBB dem «Kassensturz» zeigen. Diesmal geht die Reise von Olten nach Wien und zurück, und zwar im Juni.
SBB kann regionale Aktionen nicht berücksichtigen
Auf der Internetseite der SBB kostet das Ticket 228 Franken. Dieselbe Reise im selben Zug kostet bei den Österreichischen Bundesbahnen in diesem Beispiel 229 Euro. Die SBB sind hier auf den ersten Blick günstiger.
Was die SBB aber nicht berücksichtigen: Auf der Webseite der ÖBB werden viele Aktionspreise angeboten. Das günstigste Angebot liegt bei 144 Franken. Der SBB-Preis liegt ganze 58 Prozent höher!
Die SBB sagen, die Ticketpreise liessen sich nicht vergleichen: Die günstigen ÖBB-Tickets seien fix an eine bestimmte Zugverbindung gebunden. Es gäbe ausserdem oft Unterschiede bei Rückerstattung und Umbuchungen. Die SBB könnten ausserdem lokale Aktionen von ausländischen Bahnen nicht berücksichtigen.
Christian Ginsig sagt dazu: «Grundsätzlich haben wir die Tarifsysteme der Deutschen und Österreichischen Bahn für den Fernverkehr in unseren Ticketshop integriert. Die Preise sind genau gleich. Länderspezifische Angebote werden aber nicht berücksichtigt, hier kann es zu grösseren Preisdifferenzen kommen. Das gilt umgekehrt auch für ausländische Bahnunternehmen, welche spezielle Schweiz-Aktionen nicht anbieten können.»
Auch nachts bezahlen SBB-Kunden mehr
Ein Preisvergleich lohnt sich auf jeden Fall. Denn sonst riskiert man, zu viel zu bezahlen – sogar im Schlaf. Das zeigt dieses Beispiel von letzter Woche:
Eine Reise nach Amsterdam, hin und zurück mit dem Nachtzug. Angefragt für eine Mutter mit zwei Kindern. Die SBB offerieren diese Reise im Internet für 566 Franken. Das gleiche Abteil zu gleichen Bedingungen offeriert die Deutsche Bahn für umgerechnet 458 Franken. SBB-Kunden bezahlen 23 Prozent mehr.
Diese Beispiele machen deutlich: Ob Amsterdam, München oder Wien, ob am Tag oder in der Nacht. Bei internationalen Zugreisen lohnt sich der Preisvergleich.