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Familie und Freizeit Genuss-Pisten: «Die Zeit ist noch nicht reif»

Suva, BfU und Seilbahnverband wollten gemeinsam das gemütliche Fahren auf Skipisten fördern. «Slow Slopes», Langsampisten für Geniesser und Einsteiger, wurden lanciert. Doch die Nachfrage der Wintersportorte blieb bescheiden.

Die beiden Walliser Skigebiete Thyon und Zermatt und der Berner Oberländer Wintersportort Grindelwald waren die Ersten: Im Winter 2009/2010 schilderten sie Skipisten aus, die ausschliesslich für Langsamfahrerinnen und- fahrer reserviert waren.

Das Gemeinschaftsprojekt von Suva, BfU und Seilbahnen Schweiz sollte die Schweiz erobern. Doch neben den drei Pilot-Stationen sind bis heute erst neun weitere dazugekommen. Darunter sind sehr kleine Gebiete wie der Skilift Chuderhüsi in Röthenbach im Emmental BE oder Bivio am Julierpass GR.

Einheitliches Angebot

Schild mit Aufschirft Slow Slope und Piktorgrammen von Skifahrern.
Legende: Die Pisten für Gemütliche sind speziell markiert. Suva

Viele Schneesportzentren lancierten eigene Langsampisten, die den Einsteigern, aber auch den geübten, älteren Skifahrern ein sicheres, gemütliches Fahren erlaubten. Diese Pisten wurden von den Marketingleitern als «Chilloutpiste», «Tempo 30-Piste» oder «Learningpiste» ausgeschildert. Mit den Slow Slopes sollte dieser Wildwuchs einem einheitlichen Angebot weichen.

Samuli Aegerter, Kampagnenleiter Schneesport bei der Suva und Projektleiter der Slow Slopes, musste dann feststellen, dass die Lust der Wintersportorte nicht so gross war, wie erwartet. Zwar betreibe man für andere Gäste einen grossen Aufwand, etwa mit dem Bau von Fun- und Snowpärken. Zusätzliche Banden für Genusspisten habe man aber nicht aufstellen wollen.

Die Suva verfolgte das Projekt dann nicht weiter, sondern übergab es den Bergbahnen. Diese liessen die Slow Slopes aber links liegen, was Samuli Aegerter schade findet: «Vielleicht war die Zeit noch nicht reif. Aber immerhin zeigen Gästebefragungen, dass 75 Prozent der Gäste die Langsampisten als nützliches Angebot einschätzen. Noch höher war die Zustimmung auf die Frage, ob es in allen Schweizer Skigebieten solche Pisten geben sollte.»

Keine Verbote

In Davos wurde zwar eine «Slow Slope» auf der Parsennstrecke getestet. Sie wurde aber schon nach kurzer Zeit wieder zur normalen, blauen Piste für Einsteiger zurückgestuft. Es mache wenig Sinn, wenn man zuerst steileres Gelände befahren müsse, um die Langsampiste zu erreichen, sagt Mediensprecher Nuot Lietha auf Anfrage des Konsumentenmagazins «Espresso» von Radio SRF 1.

Dass die Genussfahrer nicht vernachlässigt werden sollten, ist den Davoser Bergbahnen aber bewusst. Das kleine Skigebiet Schatzalp wurde deshalb zum Langsamfahrgebiet ausgerufen: «Das ist Skifahren, wie man es von früher her kennt. Da wird einem noch der Skiliftbügel von Hand gegeben und es läuft Ländlermusik in der Talstation», sagt Lietha.

Von Anfang an gegen ausgeschilderte Langsampisten entschied sich Urs Gantenbein, Geschäftsführer der Toggenburger Bergbahnen Wildhaus: «Wir wollten einfach nicht noch mehr Verbote und Hinweise auf die Piste stellen. Der Skifahrer soll auch seine individuelle Freiheit geniessen können.» Das System einer Trennung von langsamen und schnellen Skifahrern befürwortet aber auch Gantenbein. In Wildhaus seien verschiedene Bereiche definiert worden; für die Carver, die Funsportler, die Langsamfahrer. Das funktioniere auch ohne Hinweisschilder.

Pause am Pistenrand

Anders sieht es Martin Niederberger von den Zermatt Bergbahnen. Dort möchte man nicht mehr auf die fünf Slow Slopes verzichten: «Gerade im Gebiet des Gornergrats mit freier Aussicht auf das Matterhorn, geniessen es die Gäste, wenn sie nicht auf sportliche Schnellfahrer achten müssen. Ausserdem sorgen die vielen Restaurants entlang der Pisten dafür, dass sie rundum zu Genusspisten werden.»

Schweizer Skigebiete mit Slow Slopes:

Bern

Graubünden

Wallis

Zentralschweiz

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