Mit Freunden ans Konzert des italienischen Superstars Eros Ramazotti. Darauf hat sich Olivia Niederer wochenlang gefreut. Die Konzerttickets bestellte die Luzernerin im Internet: «Über Google bin ich auf «Alltickets» gestossen, die Seite machte auf mich einen seriösen Eindruck».
Olivia Niederer staunt als sie später die Tickets erhält. Auf dem Ticket stand der Originalpreis von 85 Franken, «Alltickets» verlangte jedoch 139 Franken. Olivia Niederer suchte das Gespräch mit «Alltickets». Die Antwort: «Sie seien bloss ein Zwischen- und nicht der offizielle Händler. Das sei der Grund, warum die Tickets mehr kosten.»
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Für das Konzerterlebnis mit 3 Freunden bezahlt Olivia Niederer somit über 200 Franken zuviel. Für ein Konzert, das nicht ausverkauft war.
Massiver Preisaufschlag
Eine schlechte Erfahrung mit «Alltickets» macht auch Barbara Baumgärtner aus Wohlen bei Bern. Die Bäuerin bestellte zwei Plätze für das Tattoo Festival in Basel. Sie spielt selber Blasmusik und wollte sich und ihrem Mann einen Konzertabend gönnen. Für 149 Franken pro Ticket.
Als die Bernerin die Tickets erhält, sieht sie den Originalpreis von 65 Franken. Barbara Baumgärtner taxiert diesen Preisaufschlag als unerhört: «Wir bezahlten mehr als das Doppelte, das finde ich überrissen».
Der Ticket-Shop mit offiziellem «Touch»
«Alltickets» macht im Internet den Eindruck, ein offizieller Ticketverkäufer zu sein. Aber: «Alltickets» ist bloss ein Zwischenhändler, welcher die Karten über verschiedene Kanäle besorgt und dann teurer weiterverkauft.
Die Thuner Firma bestätigt, dass ihre Preise deutlich vom aufgedruckten Ticketpreis abweichen können. Der Preis hänge davon ab, wie schwierig und zu welchen Konditionen ein Konzertbillet auf dem Markt zu beschaffen sei.
Immerhin: Die Transparenz soll nun verbessert werden: «Neu informieren wir unsere Kunden direkt bei der Bestellung über die Originalpreise, so wie sie auf den Tickets stehen.» schreibt «Alltickets»-Geschäftsführer Thomas Flückiger an «Kassensturz».
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Barbara Baumgärtner konnte die Karten retournieren und erhielt das Geld zurück, nach Abzug einer Bearbeitungsgebühr von 20 Franken. Sie verzichtet nun auf den Event und schaut sich das Festival zu Hause am TV an.
Legaler Konsumentenfrust
Die überrissenen Preise für Konzerte und Festivals beschäftigen auch Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz SKS.
Der Handel mit Tickets sei an sich legal, aber ein grosser Ärger für Konsumenten. Es geht um viel Geld, sagt Sara Stalder vom SKS: «Die Nachfrage ist gross, das Angebot klein. Spekulanten können sich mit dem Online-Handel schnell eine goldene Nase verdienen.»
Mit einem runden Tisch im September 2013 will die SKS gegen diesen Missstand vorgehen. Mit dabei Konsumentenschutz, Konzertveranstalter, Ticketverkäufer und Online-Auktions-Plattformen. Das Ziel der Konferenz: Die Tickets sollen wieder mehr zu den echten Fans kommen, nicht zu den Spekulanten.
Viel Geld - keine Leistung
Der Tickethandel treibt mitunter merkwürdige Blüten. Im schlimmsten Fall bezahlt man für Tickets, die man nie erhält. Diese Erfahrung macht Theres Mühlheim aus dem Berner Seeland.
Die Lehrerin wollte ihrer Tochter zum Geburtstag einen Festivalpass fürs Gurten-Openair schenken. Die Viertages-Pässe fürs das Festival waren ausverkauft.
«Justtickets.ch» ein weiterer Schweizer Online-Tickethändler, hat aber anscheinend noch Karten: Die Mutter kauft den Festivalpass für über 350 Franken und überweist das Geld sofort auf ein Postkonto.
Das Ticket erhält Theres Mühlheim allerdings nicht. Mehrere Mahnungen, ein eingeschriebener Brief und sogar eine Anzeige bei der Polizei nützen nichts. Grosse Ernüchterung bei Theres Mühlheim: «Mir wurde bewusst, wie viele kriminelle Sachen im Internet abgehen.»
Nachdem sich «Kassensturz» einschaltet, meldet Stéphane Beer von «Justtickets.ch» bei der Kundin: Er entschuldigt sich für das Nichtbeantworten sämtlicher Anfragen und bietet an, das Geld zurückzahlen oder das Ticket bis Festivalbeginn auszuliefern.
«Kassensturz» traf die Ticket-Dealer
Innert Minuten ausverkaufte Konzerte und frustrierte Fans: Darüber berichtete «Kassensturz» schon im Jahr 2010. «Kassensturz» traf die Hintermänner und deckte auf, wie der lukrative Tickethandel funktioniert.