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Familie und Freizeit Neue Kindesschutz-Behörde versagt: Chaos statt Kompetenz

Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) ersetzten 2013 die Vormundschaftsbehörden. Die neuen Ämter sollen professioneller arbeiten, hiess es bei der Einführung. Die Bilanz nach 15 Monaten ist ernüchternd. Im «Kassensturz» berichten Betroffene von Willkür, Inkompetenz und Chaos.

Gleichzeitig mit dem neuen Kindes- und Erwachsenenschutzgesetz nahmen die neuen Behörden am 01. Januar 2013 ihren Betrieb auf. Anstelle der 1500 Vormundschaftsbehörden wurden neu 150 Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden geschaffen. Bei der Einführung anfangs 2013 hiess es, die Behörden würden dadurch professioneller werden: Entscheide würden immer von drei Fachleuten aus verschieden Bereichen gefällt. Den Fall, dass nebenamtliche Laien in wichtigen Angelegenheiten allein entscheiden müssen, solle es nicht mehr geben.

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Trotzdem: Seit dem letzten Sommer haben sich die Zuschaueranfragen bei «Kassensturz» gehäuft. Alleinerziehende Mütter, Väter und Familien mit behinderten oder dementen Angehörigen haben Hilfe gesucht. Die Fälle zeigen das Bild von überforderten Behörden, ein Hin und Her zwischen chronischer Überlastung, nicht nachvollziehbaren Entscheidungen oder übertriebenen Massnahmen, mit Folgen für die Betroffenen. «Kassensturz» zeigt drei Beispiele auf.

Fall 1: Willkür

Ein 12-jähriges Mädchen lebt seit der Scheidung der Eltern bei der Mutter. Die Kesb hatte für sie eine Beiständin eingesetzt, die bei Streitereien um das Besuchsrecht vermitteln sollte.

Im Sommer eskaliert der Konflikt: Die Schülerin will auf keinen Fall mit ihrem Vater in die Ferien. Das schreibt sie ihm und ihrer Beiständin. Doch der Vater beharrt auf seinem Besuchsrecht. Die Mutter kritisiert, die Beiständin habe ihre Tochter nicht ernst genommen. Dafür habe die Kesb die Tochter unter Druck gesetzt und mit Konsequenzen gedroht. Und tatsächlich: Am Vorabend der Ferien stehen zwei Polizisten an der Haustür und bringen das Mädchen zur Beiständin, wo bereits der Vater wartet und sie in die Ferien mitnimmt. Die Mutter sagt, das Kind sei nach den Ferien «wie durch den Wind gewesen», die Leistungen in der Schule seien abgesackt.

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Plötzlich urteilsunfähig. Wer sich in einem solchen Fall in guten Händen wissen will, sorgt am besten vor. «Kassensturz» sagt wie. Weiter

Ein Mädchen wird von der Polizei abgeführt und gegen ihren Willen zum Vater gebracht. Ist das verhältnismässig? «Kassensturz» fragt Christoph Häfeli, den ehemaligen Rechtsprofessor an der Hochschule Luzern für Soziale Arbeit. Für ihn ist dieses Vorgehen der Kesb äusserst fragwürdig: «Das Bundesgericht hat vor 30 Jahren einen Leitentscheid gefällt. Bei Kindern, die sich weigern, zu einem Elternteil zu gehen, soll kein physischer Zwang angewandt werden. Denn das widerspricht dem Wesen des Besuchsrechts.»

Fall 2: Überlastung

Auch im Fall von Roaya Najafi geht es um Konflikte beim Besuchsrecht. Bei der Scheidung erhielt sie einen Beistand für ihren Sohn, damit dieser die Besuche regelt. Denn ihr Ex-Mann beantwortet keine Anrufe und keine Mails.

Wochenlang passiert nichts. Der Sommer rückt näher und Roaya Najafi sollte für ihren Sohn die Ferien organisieren. Verzweifelt versucht sie, jemanden bei der Kesb zu erreichen: «Niemand war zuständig. Ich musste mehrmals anrufen, um herauszufinden, wer meinen Fall bearbeiten müsste. Ich habe versucht, diese Mitarbeiterin zu erreichen, es war nicht möglich.»

Im Oktober – nach mehr als sechs Monaten – ernennt die Behörde endlich eine Beiständin. Die zuständige Kesb Mittelland Nord schreibt in einer Stellungnahme: «Die lange Verfahrensdauer ist mit der hohen Geschäftslast und den sich erst zu festigenden Abläufen im Rahmen der Neuorganisation zu begründen.»

Nach Meinung von Christoph Häfeli, dem Kindes- und Erwachsenenschutzexperte, hätte die zuständige Kesb die Beistandschaft früher einrichten können, «weil es es kein Auftrag war, bei dem die Kesb viele Vorabklärungen hätte machen müssen.»

Fall 3: Inkompetenz

Werner Anlikers Schwester musste vor einem Jahr ins Altersheim. Weil sie zeitweise dement ist, ernannte die Kesb einen Beistand, der sich um sie kümmern soll. Bei der Räumung der Wohnung wollte der Beistand niemanden von der Familie dabei haben. Seitdem fehlen Pelzmäntel, Schuhe Schmuck und ein grosser Teil der Kleider. Die Betroffene musste im letzten Sommer monatelang dieselben Kleider tragen. Ihr Bruder findet das entwürdigend.

Werner Anliker wollte die Beistandschaft auflösen: «Wir hatten kein Vertrauen mehr, nachdem wir gesehen haben, wie die Wohnungsräumung verlief und dass wertvolle Sachen fehlten.»

Für Experte Christoph Häfeli ist eine umfassende Beistandschaft wie in diesem Fall grundsätzlich eine gute Lösung. Nicht nachvollziehbar aber sei, dass die Angehörigen bei der Inventaraufnahme nicht dabei sein durften. Die Beschwerde von Werner Anliker hat die Behörde abgewiesen. Die zuständige Kesb Dielsdorf will zu diesem Fall nichts sagen. Sie begründet dies mit dem Amtsgeheimnis und dem Schutz der Persönlichkeit.

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