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Geld Automiete: Fremde Schäden in Rechnung gestellt

Ein Kunde einer Mietwagen-Firma staunt nicht schlecht: Nach den Ferien verrechnet ihm die Firma auf der Kreditkarte einen viel höheren Betrag als vereinbart – wegen Schäden, die er gar nicht verursacht hat. Weil der Betrag sofort seiner Kreditkarte belastet wurde, kämpfte der Kunde gegen Windmühlen.

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Zusammen mit zwei Freunden bereiste Thomas Fiechter im Juli Finnland. Ihr Mietauto buchten sie über einen Internet-Broker bei Europcar Finnland. «Wir schauten uns die Städte Helsinki, Turku und Tempere an und natürlich die wunderschöne finnische Landschaft», erinnert sich Fiechter.

Kleiner Schaden an Seitenspiegel

In Turku machte sich ein Fremder in der Nacht am Auto zu schaffen. «Am Morgen lag die Verschalung des Seitenspiegels auf dem Dach. Der Spiegel war noch dran und funktionierte einwandfrei.» Fiechter zeigte den Schaden gleichentags in der lokalen Europcar-Station. Ein Mitarbeiter schätzte die Reparaturkosten auf maximal 400 Euro.

Rechnung 950 Euro statt 400 Euro

«Diese Summe bestätigte uns ein anderer Europcar-Mitarbeiter bei der Rückgabe des Autos in Helsinki», sagt Fiechter. Gross war deshalb sein Staunen, als Europcar Finnland seiner Kreditkarte 950 Euro belastete, den gesamten Selbstbehalt. Zurück in der Schweiz reklamierte er per Mail beim Kundendienst. Weil die Antwort keine Klärung brachte, hakte Fiechter mehrmals nach.

Plötzlich ein weiterer Schaden

Nach Wochen sprach der Kundendienst plötzlich von einem zweiten Schaden: einem Kratzer im Lack. Diesen habe man erst nachträglich beim Waschen des Autos gesehen. «Wir haben nie irgendwelche Kratzer gesehen. Auch der Mitarbeiter von Europcar erwähnte bei der Abgabe des Autos keine Kratzer», sagt Thomas Fichter. Ebenso sind im Abgabe-Protokoll keine Schäden verzeichnet. Das lässt die Vermietung aber nicht gelten. Dies sei «kein offizielles Dokument», schreibt Europcar «Kassensturz».

Europcar Schweiz: keine nachträgliche Belastung

«Bei uns wäre so ein Fall nicht möglich», sagt Claudia Notter von Europcar Schweiz, einem Lizenz-Nehmer von Europcar International, welcher nichts mit Europcar Finnland zu tun hat. Nach jeder Wagen-Kontrolle würden die Kunden eine Bestätigung erhalten, dass es keine neuen Schäden gibt. «Nachträglich entdeckte Schäden werden wir nie den Kunden belasten, das geht zu unseren Lasten.»

Haftung bis zur endgültigen Abgabe

Anders sei es, wenn der Kunde die Kontrolle nicht abwartet. «Viele legen uns den Schlüssel auf die Theke und gehen», so Notter. Der Kunde müsse sich aber bewusst sein, dass er für das Fahrzeug so lange haftet, bis es definitiv eingecheckt sei. «Wenn in der Zwischenzeit jemand die Tür ins parkierte Auto knallt, dann haftet der Kunde für den möglichen Schaden.» Das gleiche gelte auch, wenn man das Auto ausserhalb der Öffnungszeiten bei einer Vermietungs-Station abgebe.

Kunde am kürzeren Hebel

Die 950 Euro hat Europcar Finnland sofort Thomas Fiechters Kreditkarte belastet. Das macht die Sache nun schwieriger. «Wir müssen uns extrem darum bemühen, das Geld zurück zu erhalten. Das braucht Zeit und Nerven.» Fiechter hätte die Möglichkeit gehabt, den Betrag bei seiner Kreditkarten-Firma zu beanstanden, was er aufgrund eines Missverständnisses aber versäumte.

Beanstandung via Kreditkarten-Firma

«Wir können keine Zahlungen stoppen. Das ist ein Irrtum, den viele Kunden glauben», sagt Cedric Ruepp von der Rechtsabteilung der Swisscard AECS AG, der Herausgeberin von Fiechters Kreditkarte. Im Falle einer bestrittenen Belastung müssen Swisscard-Kunden die Kreditkarten-Rechnung immer zuerst bezahlen. Innert 30 Tagen kann man die Belastung beanstanden.

Beweislast liegt beim Kunden

Allerdings: «Grundsätzlich muss der Kunde die Sache mit dem Händler klären.» Fiechter hätte also so oder so mit Europcar verhandeln müssen. Bei stichhalten Belegen wie etwa einer Quittung leitet Swisscard ein Beanstandungsverfahren ein. «Der definitive Entscheid über eine Beanstandung liegt aber bei der jeweiligen Kreditkartenorganisation», also beispielsweise MasterCard oder Visa.

Europcar Finnland lenkt ein

Die Sache ist für Thomas Fiechter inzwischen gut ausgegangen. Nachdem «Kassensturz» und auch Europcar Schweiz nachgefragt haben, krebst Europcar Finnland zurück und entschuldigt sich bei Thomas Fiechter. Es sei ein Fehler passiert. Aufgrund der Umstände zahlt die Vermietung nun nicht nur das Geld für den angeblichen zweiten Schaden zurück, sondern die gesamten 950 Euro.

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