Dass Stromversorger von Kunden zusätzlich zu den Stromkosten einen fixen Betrag pro Monat verlangen, ist ein falscher ökonomischer Anreiz. Dies sagt Hanspeter Guggenbühl, ein ausgezeichneter Fachjournalist und Publizist. Er befasst er sich seit vielen Jahren mit Energiefragen.
«Wir haben einen Stromverbrauch, der etwa einem Drittel des durchschnittlichen entspricht. Doch wegen der Grundgebühr zahlen wir pro Kilowattstunde mehr als jemand, der verschwenderisch mit Elektrizität umgeht», sagt Guggenbühl.
Günstige Kilowattstunde bei hohem Verbrauch
Ein Beispiel: Braucht jemand pro Monat 100 Kilowattstunden, so kostet ihn eine Kilowattstunde bei einer fixen Gebühr von 15 Franken und bei 20 Rappen variablen Kosten pro Kilowattstunde unter dem Strich 35 Rappen.
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Verbraucht er 500 Kilowattstunden, kommt ihn eine auf lediglich 23 Rappen zu stehen. Mit anderen Worten: In diesem System wird der verschwenderische Kunde belohnt. Wer sich Mühe gibt, sparsam mit der elektrischen Energie umzugehen, wird bestraft.
Nur wenige EWs verlangen keine Grundgebühr
Praktisch alle Elektrizitätswerke verrechnen ihren Kunden eine fixe Grundgebühr. Das zeigt ein Kassensturz-Vergleich. Als Basis des Vergleichs dienen die Tarifblätter der Elektrizitätswerke, die sich von der WebSeite der ElCom (Eidgenössische Elektrizitätskommission) herunterladen lassen.
Die Gebühren sind unterschiedlich hoch. Die höchste Fixgebühr findet Kassensturz in Disentis: 23.20 Franken. Diese gilt für sämtliche 80'000 Privatkunden des Lieferanten Repower im Kanton Graubünden.
Weitere Beispiele von hohen Grundgebühren: Lauterbrunnen: 17.30 Franken; Walenstadt: 13.80; Altdorf, Rapperswil SG, Delémont: 13.-. In diesen Beispielen macht die vom Verbrauch unabhängige Fixgebühr schnell einmal einen Drittel der Stromrechnung eines sparsamen Haushalts aus.
Luzerner Stromkunden werden belohnt
Dass es auch kundenfreundlicher geht, beweisen die zentralschweizerischen Kraftwerke CKW. Sie versorgen 95% der Bevölkerung des Kantons Luzern mit Strom. Seit letzten Herbst verlangen sie keine Grundgebühr mehr. Mit der Begründung: Sparsame Kunden sollen belohnt werden.
Erwin Limacher, Leiter Vertrieb Retail-Kunden bei den CKW: «Es hat Kunden gegeben, die sich beschwert haben darüber, dass es sich nicht lohne, Strom zu sparen. Das hat uns dazu bewogen, ein Produkt ohne Grundgebühr einzuführen.»
Wie die CKW verzichten auch andernorts Stromversorger auf die kundenunfreundliche Fixgebühr: «Kassensturz» findet die Beispiele Olten, Basel, Zürich, Lausanne und Genf.
Damit in diesem Verrechnungsmodell Kunden, die praktisch keinen oder überhaupt keinen Strom brauchen, auch ihren Teil an die Kosten der Infrastruktur leisten, verlangen die Stromversorger dieser Orte (mit Ausnahme von Olten) einen Minimalbetrag. Dieser wird aber bereits bei bescheidenem Konsum kompensiert.
Bei den CKW beispielsweise beträgt dieser Minimalbetrag 6.60 Franken. Erwin Limacher: «Wir fänden es unfair, wenn zum Beispiel jemand, der ein Bootshaus hat und extrem wenig Strom verbraucht, aber dennoch eine sichere Versorgung will, nichts an die Infrastrukturkosten zahlen müsste.»
Stromkosten sollen Infrastruktur garantieren
Fazit: Es gibt Modelle, die sparsames Verhalten belohnen und gleichzeitig von allen Strombezügern einen Beitrag an die Infrastrukturkosten verlangen. Der Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE, Michael Frank, betont, die fixe Grundgebühr decke die Anschlusskosten der Grundversorgung.
Sie müsse verursachergerecht ausgestaltet sein. Die Alternativmodelle findet er «zielführend». «Es geht in die richtige Richtung, Dass ein Minimum in Franken formuliert und dieses mit einem gewissen Konsum kompensiert wird», sagt Michael Frank.