Wer ehrlich ist, wird neuerdings von der Postfinance zur Kasse gebeten. Das musste «Espresso»-Hörer Hanspeter Hotz aus Jona erfahren. Anfangs Jahr entdeckte er bei der Durchsicht seines Geschäftskontos Zahlungen, die nicht für ihn bestimmt waren. Sofort meldete er den Fehler bei der Postfinance. Die Beträge wurden zurückgebucht, alles schien in Ordnung.
Doch: Ein paar Wochen später entdeckte Hanspeter Hotz wieder ominöse Beträge auf seinem Konto. Dieses Mal war der Kontostand aber nicht höher als erwartet, sondern kleiner. Der Grund: Die Postfinance zog ihm zwei Mal 30 Franken ab – für Stornogebühren. Hotz fragte erneut nach, die Antwort kann er kaum glauben: «Ich habe erfahren, dass es sich um Stornogebühren für die falschen Zahlungen an mich handelt. Die Zahlungen, die ich gemeldet habe.»
Wer storniert, bezahlt auch die Gebühr
«Espresso», das Konsumentenmagazin von Radio SRF 1, möchte von Postfinance wissen, warum ehrliche Kunden bestraft werden. Pressesprecher Johannes Möri erklärt: «Der Markt spielt auch bei Postfinance: Im aktuellen Marktumfeld erzielen wir als Bank heutzutage deutlich tiefere Margen. Wir sind deshalb gezwungen, für einzelne Dienstleistungen, die wir bisher kostenlos anbieten konnten, neu eine kostendeckende Gebühr zu erheben.» So habe Postfinance anfangs 2016 die Verrechnung von Stornierungen eingeführt. Die Regelung gilt für Stornierungen von ESR-Zahlungen an Geschäftskunden und Vereine. Stornierungen aller übrigen Überweisungsarten wie beispielsweise Kontoüberweisungen unter Privatpersonen seien weiterhin kostenlos, betont Möri.
Dass man für solche Massnahmen keinen Applaus ernte, sei klar, heisst es bei der Postfinance. Doch der Aufwand müsse bezahlt sein, und zwar vom Auftraggeber. Und das war nun mal Hanspeter Hotz. Wer für die fehlerhafte Überweisung verantwortlich ist, könne Postfinance nicht feststellen.
Diese Argumentation geht für Hanspeter Hotz nicht auf: «Ich habe nie einen Stornierungsauftrag gegeben, sondern lediglich einen Fehler gemeldet.» Die Stornierung sei ihm seitens Postfinance angeboten worden. «Das ist einfach nicht in Ordnung. Man hätte mir sagen müssen, dass eine Rückbuchung kostet.»
Bei der Postfinance hat man für diese Kritik allerdings keine offenen Ohren. Das Vorgehen habe seine Richtigkeit, liess Postfinance «Espresso» wissen. Eine gute Alternative kann er nicht bieten: Er rät, in einem solchen Fall keine Stornobuchung, sondern ein Suchauftrag zu verlangen: «Diese Nachforschung kostet zwar ebenfalls 30 Franken, falls aber der Fehler bei der Postfinance liegt, sind Suchauftrag und Stornierung kostenlos.» Da das Versehen aber mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht bei der Postfinance, sondern beim Einzahler gemacht wurde, wären die 30 Franken also in diesem Fall wieder weg.
Fehlbuchungen lieber nicht melden?
Hanspeter Hotz versteht die Welt nicht mehr: «Früher wurde man komisch angeschaut, wenn man so etwas nicht meldete, heute bekommt man dafür einen Tritt in den Allerwertesten.» Und so kam es, wie es kommen musste: Hanspeter Hotz erhielt erneut eine Fehlzahlung auf sein Konto. Angerufen hat er nicht mehr. Dieses Mal meldete sich aber die Postfinance bei ihm und Hotz musste merken: Meldet man eine Falschbuchung nicht, muss sich die Postfinance darum kümmern – ohne Kostenfolgen.
Für den ehrlichen «Espresso»-Hörer ist klar: Er wird sicher keine Fehlbuchungen mehr melden. Im Gegenteil: «Ich warte jetzt einfach wie ein Fischer und lasse mein Konto offen. Das ist ja sogar eine Verdienstmöglichkeit», sagt Hanspeter Hotz mit einem Lachen.