Zum Inhalt springen

Geld Finanzkrise: So kommen Anleger zu ihrem Geld

Bankberater haben vielen Kleinanlegern angeblich sichere Finanzprodukte aufgeschwatzt. Jetzt hat die Finanzkrise die Bankkunden um ihr Geld gebracht. Sie sind frustriert und wollen ihr Geld zurück. «Kassensturz» zeigt, wie enttäuschte Anleger zu ihrem Recht kommen.

Mehr zum Thema

Isabelle Waser realisiert allmählich, was passiert ist. Der Schock sitzt tief. Vor zwei Jahren hat sie von der CS mehrere Telefonanruf bekommen. Die Kundenberater empfahlen ihr, das Geld auf ihrem Sparkonto in ein Lehman-Produkt anzulegen. Das würde mehr Zins geben. Jetzt hat sie wegen des Lehman-Kollapses 20 000 Franken verloren. Ein Grossteil ihres Ersparten ist weg.

Logo vertrauenserweckend

Die Bankunterlagen zum Lehman-Produkt sind verwirrend: Oben steht gross Credit Suisse mit Logo, das schafft Vertrauen. Doch die herausgebende Bank, der Emittent, ist Lehman Brothers. Die Zinsberechnung für dieses Produkt ist kompliziert, für Finanzlaien nicht zu verstehen. Isabelle Waser wollte nur in eine sichere Anlage investieren. Das Produkt habe 100 Prozent Kapitalschutz, ihr Geld sei sicher, sagte die CS.

Auch Stefan Flückiger hat der CS vertraut. Im letzten Herbst hat er einen Erbvorbezug bekommen. Mit den 50 000 Franken wollte er sein Studium finanzieren. Den ganzen Betrag investierte er in ein Lehman-Produkt. Das empfahl ihm sein CS-Berater.

Experte: «grobfahrlässig»

«Kassensturz» hat die Dossiers von Stefan Flückiger und weiteren Lehman-Geschädigten einem Experten vorgelegt: Max Cotting ist Geschäftsführer der Aquila Gruppe. Der Vermögensverwalter kritisiert, dass die CS ihren Kunden empfohlen hat, einen grossen Teil oder gar ihr ganzes Vermögen in ein einziges Lehman-Produkt zu investieren. «Das ist aus meiner Sicht grobfahrlässig», sagt Cotting.

So lief das Geschäft mit Lehman-Produkten: Die Credit Suisse oder eine andere Bank empfahl ihren Kunden ein strukturiertes Produkt der amerikanischen Bank Lehman Brothers. Strukturierte Produkte sind eine Kombination verschiedener Finanzinstrumente, die für den Anleger nur schwer durchschaubar sind.

Missverständliche Garantie

Ein typisches Lehman-Produkt: Die Bank konstruiert einen Korb mit 12 Aktien. Ein Anleger investiert beispielsweise 10'000 Franken. Er kauft damit aber keine Aktien, er wird nur Gläubiger von Lehman. Die Bank geht mit dem investierten Geld eine Wette auf steigende Aktienkurse ein. Bei guter Kursentwicklung zahlt die Bank dem Anleger einen Zins. Fällt jedoch nur eine der Aktien im Korb auf 60 Prozent ihres Wertes, gibt es keinen Zins.

Die Bank wirbt: Das investierte Geld bekommt der Kunde in jedem Fall zurück. Denn das Produkt hat einen Kapitalschutz. Was die Credit Suisse vielen Kunden offensichtlich nicht klar gesagt hat: Diese Garantie gibt nicht die Credit Suisse, sondern der Emittent, Lehman Brothers. Geht der Emittent Konkurs, nützt der Kapitalschutz nichts mehr, das Geld der Kunden ist verloren.

Risiken verheimlicht?

Trotzdem, Stefan Flückiger fordert sein Geld zurück: «Die vollen 50'000 Franken. Sie haben mich nicht über die Risken informiert, sie haben nicht mit offenen Karten gespielt.»

Im Fadenkreuz der Kritik: die Credit Suisse. Im Gegensatz zu andern Banken will die CS nicht alle ihre Kunden entschädigen, und lässt offen wie viel sie zahlt. Der Leiter des Privatkundengeschäfts, Hanspeter Kurzmeyer, sagt, die Kunden seien auf das Emittentenrisiko aufmerksam gemacht worden.

Kulanz angekündigt

Es seien auch keine Fehler in der Anlageberatung gemacht worden. Nach wie vor vertrete er die Meinung, dass kapitalgeschützte Produkte auch Kleinanlegern verkauft werden können. «Wenn jemand mehr als 50 Prozent solcher Produkte im Depot hatte, dann werden wir eine kulante Lösung finden», verspricht Kurzmeyer.

Max Cotting, Geschäftsführer der Aquila Gruppe sagt, dass die CS und andere Banken mit dem Verkauf von Lehman-Produkten viel Geld verdient haben: Sie bekommen mehr Gebühren und Kommissionen, als wenn das Geld auf einem Konto liegt. Der Leiter des Privatkundengeschäfts bestreitet, dass sie eine Abmachung für besonders Kommissionen mit Lehman getroffen habe. Es habe auch keine Auflagen für ihre Anlageberater gegeben, möglichst viele Lehman-Produkte zu verkaufen.

Die CS will nicht alle Kunden entschädigen. Isabelle Waser wartet auf den Vorschlag der Grossbank. Klein beigeben will sie auf keinen Fall.

Meistgelesene Artikel