«Kassensturz» hat alle Schweizer Kantons-Hauptorte und 30 weitere Gemeinden zum Thema Gebühren befragt. Nicht alle, aber doch viele Gemeinden haben an der Umfrage teilgenommen. Abgefragt wurden über 30 Gebühren für Leistungen, die Bürger früher oder später in Anspruch nehmen müssen.
Darunter typische Kanzlei-Dienstleistungen und Dokumente wie etwa das Ausstellen einer Wohnsitzbestätigung. Wo das möglich ist, wurden auch Parkgebühren und Bestattungskosten verglichen. Fazit: Die Unterschiede sind zum Teil gross bis horrend.
Gebühren der Kantonshauptorte als Online-Tabelle
Gebühren von 50 Orten als Excel-Tabelle
Solothurn: teure Anmeldung für Aufenthalter
Eine Anmeldung für Niedergelassene kostet je nach Gemeinde zwischen 0 und 35 Franken. Noch grösser sind die Unterschiede bei der Anmeldung für Aufenthalter. In einigen befragten Gemeinden kostet die Dienstleistung nichts.
Die Stadt Solothurn verlangt dafür satte 100 Franken. Stadtschreiber Hansjörg Boll verteidigt die Gebühr: «Wir verrechnen nur die effektiven Kosten. Gemäss unseren Berechnungen verursacht eine Anmeldung rund 100 Franken.»
Der Wohnort entscheidet über den Preis
Wie viel eine Amtshandlung kostet, kommt auf den Wohnort an. Ein Heimatausweis kostet in Frauenfeld und Herisau nichts, in Basel, Solothurn und Zürich 30 Franken. Für eine schriftliche Adress-Auskunft verlangt Aarau 20 Franken, Liestal berechnet nichts. Die Bestätigung der Personalien ist in Sarnen gratis, Fribourg will dafür 30 Franken.
Blaue Zone: Teures Parkieren in Luzern
Jahres-Parkkarte für Anwohner in der blauen Zone: In Basel und Solothurn kostet diese 120 Franken, in Zürich 240 Franken. Luzern verlangt dafür 600 Franken, fünf Mal mehr als Basel oder Solothurn. «Wir halten das für einen angemessenen Betrag für das unbeschränkte Parkieren auf öffentlichem Grund.», sagt Isabelle Kaspar von der Direktion Umwelt, Verkehr und Sicherheit.
Der Vergleich mit anderen Städten sei schwierig, da die« Situation überall verschieden ist». Auch in Chur, Herisau und Zug kostet eine Jahres-Parkkarte für den öffentlichen Grund 600 Franken. Dort sind es vor allem Zuschläge für das Nachtparkieren, welche die Gebühren in die Höhe treiben.
Erdbestattung: von 0 bis 3500 Franken
Die Gemeinde-Gebühren für das Bestattungs-Wesen sind nur bedingt vergleichbar. Viele Gemeinden bieten nur einen Teil der notwendigen Leistungen an, wie etwa den Grabplatz und das Ausheben des Grabes. Die restlichen Dienstleistungen wie etwa Transport oder Einsargung sind an private Firmen ausgelagert.
Einige Städte bieten jedoch eine komplette Bestattung an. Hier variieren die Gebühren enorm: Basel, Chur, St. Gallen oder Frauenfeld verlangen für eine Erd- oder Urnenbestattung keinerlei Gebühren. Die Kosten werden komplett aus dem Steuertopf bezahlt.
Bestattungs-Gebühren in Bern am teuersten
In Bern müssen Hinterbliebene für eine Erdbestattung seit rund 10 Jahren 3500 Franken Gebühren bezahlen. Für die Bestattung einer Urne im Reihengrab werden 2400 Franken fällig. Laut Stadtgärtner Christoph Schärer decken diese Gebühren nur die Hälfte der anfallenden Kosten.
Auf die Frage, warum Bern massiv mehr Gebühren verlangt als andere Städte, sagt Schärer: «Die Gebühren muss man immer gesamthaft betrachten. In Bern sind dafür andere Dienstleistungen kostenlos, so beispielsweise der Zutritt zu den öffentlichen Bädern.»
Unterschiede sind kaum erklärbar
Ein System hinter den verschiedenen Preisen ist nicht erkennbar. « Ich sehe so einen Vergleich zum ersten Mal und bin über die Unterschiede erstaunt.», sagt Bernard Dafflon, Professor für Public Management an der Uni Fribourg. Wie die unterschiedlichen Preise zu Stande kommen, kann er sich nicht erklären.
Grundsätzlich seien Gemeinden bei der Festlegung frei. Die Höhe der Gebühren sei aber wohl oft zufällig. «Anders als bei den Lenkungsgebühren für Wasser und Abfall könnten viele Gemeinden wahrscheinlich nicht erklären, wie die Höhe der Gebühren genau zu Stande kommen», sagt der Gebühren-Spezialist.
Gebühren dürfen maximal Kosten decken
Gebühren dürfen in der Regel keinen Gewinn abwerfen. Ob das auch immer der Fall ist, bleibt unklar. In der Praxis würden viele Gebühren kaum überprüft, sagt Bernard Dafflon. «Theoretisch könnte die Finanzkommission einer Gemeinde das kontrollieren, das passiert meiner Erfahrung nach aber fast nicht.»
Eine zweite Kontrollinstanz wären die Gebührenzahler selber. Diese könnten gegen die Höhe einer Gebühr rekurrieren. Nur: «Bei den vergleichsweise tiefen Gebühren rekurriert natürlich niemand.»
Preisüberwacher: Hohe Unterschiede erklärungsbedürftig
Auch wenn viele Gebühren nicht alle Welt kosten: «Kleinvieh macht auch Mist. Darum ist es wichtig, dass man auch solche Gebühren periodisch überprüft.», sagt Preisüberwacher Stefan Meierhans. Solche Vergleiche würden beitragen, Transparenz zu schaffen. Und: «Dort wo die Differenzen sehr gross sind, ist das sicher erklärungsbedürftig.»
Nur: Wer fordert das ein? Meierhans hofft, dass einerseits die Verantwortlichen in den Gemeinden die Gebühren hinterfragen. Ausserdem würde die Preisüberwachung aktiv, wenn sich Bürger mit entsprechenden Beschwerden melden.
Einheitliche Gebühren im Zivilstandswesen
Früher kostete ein Geburtsschein oder eine Todes-Urkunde je nach Gemeinde unterschiedlich viel. Seit dem Jahr 2000 sind die Gebühren des sogenannten Zivilstandswesens vereinheitlicht. Eine Ehevorbereitung (für Schweizer Bürger). beispielsweise kostet überall 150 Franken. Einige Gemeinden gaben in der Umfrage für die Ehevorbereitung jedoch Kosten von 210 Franken an. Die 60 Franken Mehrkosten begründen diese mit der «Abklärung der Personalien». Wann diese nötig ist, ist gesetzlich nicht geregelt. Die Zivilstands-Beamten können das selber entscheiden. In jedem Fall zwingend ist sie jedoch nicht, zum Beispiel dann, wenn man innerhalb von sechs Monaten mit dem Zivilstandsamt zu tun hatte.