Beim Online-Einkauf, beim Abschluss eines Handy-Abos oder bei einem Mietvertrag: Dass Firmen zuerst die Bonität von potenziellen Neukunden prüfen, gehört heute zum Standard. Meistens laufen diese Abklärungen automatisch im Hintergrund – zum Beispiel auch bei den Online-Shops von Migros und Coop. Das Resultat dieser Prüfung hat für die Kunden Folgen: Ein Vertragsabschluss wird abgelehnt oder der Verkäufer beharrt plötzlich auf Barzahlung der Ware. Für diese Bonitätsprüfungen greifen die Unternehmen auf Daten von Schuldnerdatenbanken.
Intrum Justitia ist die grösste Inkassofirma in der Schweiz. Sie liefert ihre Daten an Dutzenden von Firmen und auch an andere Wirtschaftsdatenbanken. Doch Intrum Justitia gibt auch fehlerhafte Daten weiter. Das dokumentierte «Kassensturz» bereits in mehren Fällen.
Die Konsequenzen falscher oder fehlerhafter Daten können gravierende Folgen haben: Raphael Stadelmann, ein ehemaliger Kunde von Tele2, will zu Cablecom wechseln, wird aber schon bei der ersten Anfrage als «kreditunwürdig» abgestempelt. Grund: Der Computer von Cablecom hat die Daten des ehemaligen Tele2-Kunden in der Schuldendatenbank bei Intrum Justitia abgecheckt und dort eine offene Rechnung gefunden. Als Folge konnte sich der Konsument bei Cablecom nicht als Kunde einloggen. Dabei ist die offene Rechnung seit Monaten bestritten. Es handle sich um einen Fehler, den Tele2 nie ausgeräumt habe, sagt Stadelmann.
Intrum Justitia muss in der Datenbank vermerken, wenn Schulden bestritten sind, sagt Datenschützer Bruno Baeriswyl. «Es handelt sich hier möglicherweise um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts.» Wenn der Konsument wegen fehlerhaften Daten einen Schaden erleide, könne er gegen die Betreiber der Datenbank klagen.
Noch schlimmer: Plötzlich tauchen die fehlerhaften Einträge von Raphael Stadelmann auch in der Wirtschaftsdatenbank Teledata auf. Intrum Justitia gibt die falschen Informationen weiter an Teledata. Die Angestellten dort kontrollieren diese Daten nicht. Aber sie fassen sie mit anderen Daten zusammen – der Fehler bleibt. Intrum Justitia sagt dazu: «Die Angaben über die Person sind richtig auf unserer Datenbank und sie entsprechen den gesetzlichen Bestimmungen.» Sobald gegen Stadelmann eine Betreibung laufe und er Rechtsvorschlag erhebe, werde dies in ihren Registern vermerkt. Doch Stadelmann bestreitet diese Schuld seit Monaten. Auch Intrum Justitia hat er diverse Male eingeschriebene Briefe geschickt. Genützt hat es nichts.
Kreditprüfungen hätten auch Vorteile für Konsumenten, sagt Claude Federer, Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunft Creditrefom. Auch die Creditreform führt eine Datenbank. Federer: «Eine gute Kreditwürdigkeit ist für den Kunden ein Vorteil, weil er bessere Konditionen bekommt – beispielweise im Leasinggeschäft, bei der Mobiltelefonie oder im Internethandel.»