Eigentlich wollte der langjährige Cornèrcard-Kunde P.W. seine nächsten Ferien auf den Malediven verbringen. Seit November 2014 hat er sich auf die Reise gefreut. Damals teilte ihm Cornèrcard mit, es gebe neu die Möglichkeit, über das Cornèrcard-Reiseportal èTravel Reisen zu attraktiven Konditionen zu buchen. «Zur Lancierung von èTravel profitieren Sie von folgendem einmaligen Angebot: Einmal bezahlen – doppelt geniessen.» Wenn P.W. mit seiner Cornèrcard innerhalb der nächsten sechs Monate einen Umsatz von rund 6000 Franken mache, könne er über èTravel eine Traumreise für zwei Personen buchen – zum Preis von einer Person.
P.W. setzte seine Kreditkarte von nun an deutlich mehr ein als sonst. «Bei jeder Gelegenheit – ich wollte ja auf den entsprechenden Umsatz kommen.» Diesen Umsatz erreichte er locker und erhielt von Cornèrcard prompt seinen persönlichen Reisecode zum Buchen der Traumreise.
«Ich habe Cornèrcard gesponsert»
Als sich P.W. die Angebote von Cornèrcard èTravel genauer anschaut, wird er jedoch stutzig: Erstens starten viele der Reisen auf dem Mailänder Flughafen Malpensa, und der Preis für die Anreise dorthin ist nicht inbegriffen. Und zweitens staunt er über die «2-für-1»-Preise. Diese machen ihm immer noch einen verhältnismässig hohen Eindruck. Also beginnt er zu vergleichen. «Im Internet fand ich sehr schnell vergleichbare Reisen – diese kosteten für zwei Personen teilweise sogar weniger als ich bei Cornèrcard für eine Person noch hätte bezahlen müssen.» Seine Aufstellung ist eindrücklich: Bei acht von elf verglichenen Angeboten sind die Preise für zwei Personen günstiger als der halbe Preis von Cornèrcard.
Ernüchtert stellt der Kreditkarten-Kunde gegenüber dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 fest: «Ich habe mit dem intensiven Einsatz meiner Kreditkarte in den letzten Monaten Cornèrcard gesponsert.» Für ihn ist der Fall klar: Cornèrcard gehe es einzig und allein darum, dass die Kunden möglichst viel Umsatz machen.
«Mir ist die Freude vergangen»
Auch andere Kunden fühlen sich an der Nase herumgeführt: «Ich glaube, Cornèrcard hat einfach die Katalogpreise verdoppelt und gibt auf diese dann 50 Prozent», vermutet einer. «Am Schluss sind es dann praktisch reguläre Preise, die man bezahlen muss.» Eigentlich hätte er sich auf eine schöne Malediven-Reise gefreut. «Die Freude ist mir aber vergangen», ärgert er sich.
«Haben die Katalogpreise nicht erhöht»
Nun sind Preisvergleiche von Reisen schwierig. Die Preise sind von sehr vielen Faktoren wie Reise- oder Buchungsdatum abhängig. Dennoch hat «Espresso» die beiden grossen Schweizer Reiseveranstalter Hotelplan und Kuoni gebeten, eine vergleichbare Malediven-Reise für zwei Personen zu offerieren, wie sie auf der Cornèrcard-Reiseplattform èTravel angeboten wird. Im èTravel-Katalog von Cornèrcard kostet diese Reise knapp 9000 Franken. Kuoni offeriert für 7000 Franken, Hotelplan für 6000 Franken.
Hat Cornèrcard also tatsächlich die Katalogpreise erhöht? «Nein, haben wir nicht», stellt Cornèrcard-Geschäftsführer Alessandro Seralvo klar. Er erklärt die happigen Preisdifferenzen mit den langfristigen Preisen von Cornèrcard: «Unsere Preise gelten für einen längeren Zeitraum. Es war uns klar, dass Last-Minute- oder gewisse Internet-Angebote besser dastehen.» Ausserdem sei es Cornèrcard nie darum gegangen, die billigsten Angebote zu machen. «Wir setzen auf Qualität und einen Top-Service.» Ein Service, der gutes Geld in die Cornèrcard-Kasse spült: Das Gebühren-Kässeli des Kreditkarten-Unternehmens dürfte gut gefüllt sein.