«Kassensturz»-Zuschauer Peter K. hat Sorgen. Vor zwei Jahren wurde er pensioniert. Und seine Pensionskassengelder sind weg. Das ist passiert:
Vor der Pensionierung entschied er, das Pensionskassen-Kapital zu beziehen.
Beim Bezug half ihm ein Finanzberater, eigentlich ein Fachmann. Die beiden kannten sich seit mehr als 20 Jahren. Peter K. hat dem Bekannten vertraut. Der Finanzplaner schlug vor, das Geld anzulegen, und damit einen Ertrag zu erwirtschaften.
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Drei Prozent Zins pro Monat versprochen
Peter K. erinnert sich: «Der Finanzberater hat gesagt, es bestehe ein gewisses Risiko. Wie gross?, habe ich gefragt. Da hat er gesagt, das sei relativ klein. Wenn es bös herauskomme, dann verliere man bis zu 20 Prozent. Aber das sei kein Problem. Er gleiche dies sofort aus.»
So überwies Peter K. 250'000 Franken für eine sogenannte 4-Monats-Beteiligung. Ein halbes Jahr später nochmals 80'000 Franken. Diese Investition versprach einen hohen Gewinn: 0,25 und 2,75 Prozent, total drei Prozent Zins. Pro Monat! Nur - wie ist das möglich?
Ende Januar kam die Schreckensnachricht: Der Finanzberater informierte Peter K., dass alles Geld verloren sei. Der Berater räumte ein, er habe das ganze Geld einer einzigen Firma anvertraut, die hochspekulative Devisengeschäfte gemacht hatte.
Konto auf Namen des Verwalters
Unverständlich. Wieso hat der Fachmann nicht diversifiziert? Weshalb hat er nicht in weniger risikoreiche Anlagen investiert? Dazu wollte er keine Stellung nehmen.
Was ist falsch gelaufen? Rechtsanwalt Alexander Rabian beurteilt regelmässig solche Fälle. «Hauptanzeichen ist, dass der Kunde das Geld auf ein Konto überwiesen hat, das auf den Vermögensverwalter lautet. Das Geld gehört bei der Vermögensverwaltung immer auf ein Konto, das auf den Namen des Kunden lautet,» sagt Rabian.
Risiko wird herunter gespielt
Der Fall von Peter K. ist kein Einzelfall. Immer wieder ködern Berater gutgläubige Anleger mit Versprechen. In vielen Fällen geht es dabei um Geschäfte mit Devisen.
Auch I.S. hat viel Geld verloren, Ersparnisse und sein Pensionskassen-Vermögen. Sein Vermögensverwalter spekulierte ebenfalls mit Devisen. Bis der Anruf kam, alles sei verloren.
I.S. wollte nicht etwa eine besonders hohe Rendite erzielen, er wollte vor allem keine Verluste. Doch der Geschäftsführer hatte das Risiko der Devisendeals immer heruntergespielt. Heute sagt I.S., der Geschäftsführer habe ihn angelogen.
Der 69 jährige lebt jetzt von der AHV und Zusatzleistungen.
Berater hatte kaum Erfahrung
Seine Vermögensverwaltung, die Tell Invest, eröffnete im Dezember 2011 Konkurs.
Es zeigte sich: Dem Geschäftsführer, einem Germanistik-Studenten fehlte die Erfahrung im Devisenhandel und in der Vermögensverwaltung. Er verfügte nur über ein Bankpraktikum.
Der Zürcher Wirtschaftsanwalt Daniel Fischer vertritt eine ganze Gruppe geschädigter Kunden. Er kritisiert, Tell Invest habe Kunden schlecht beraten und getäuscht. Sie habe den Anschein erweckt, es gäbe eine enge Zusammenarbeit mit der Schwyzer Kantonalbank.
«Man hat ein Produkt gefunden mit dem Devisenverkauf und dann hat man Märchen erzählt. Das war keine Beratung, das war eine Schweinerei», sagt Daniel Fischer.
«Der Devisenkurs war schuld»
In einer Stellungnahme schreibt der ehemalige Geschäftsführer der Tell Invest: «Das Devisengeschäft sei ordnungsgemäss abgewickelt worden». Und: «Die meisten Verluste wurden durch eine Fehleinschätzung des USD/CHF–Kursverlaufs verursacht. Trotz der durch die Tell Invest konsultierten Experten und Research-Informationen diverser Banken. (...) Die daraus entstandenen Verluste bedauere ich zutiefst.»
Aufsicht für Vermögensverwalter ist nötig
Prisca Birrer-Heimo, Nationalrätin und Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, findet, es braucht mehr Kontrolle. Sie setzt sich seit Jahren für einen besseren Schutz von Anlegern ein. Sie fordert, dass im neuen Gesetz auch Vermögensverwalter unter Aufsicht gestellt werden.
«Jede Person kann geschäftsmässig Vermögensverwaltung betreiben. Also jeder Student oder jeder Metzger. Die Anforderungen sind nicht definiert, es gibt keine Bewilligung und keine Aufsicht. Das muss sich ändern. Weil so können sich Leute hier tummeln, die nicht das nötige Fachwissen mitbringen», sagt Birrer-Heimo.
Verwalter wehren sich gegen Kontrolle
Zwei Gesetzesvorlagen, die zur Zeit ausgearbeitet werden, verlangen eine staatliche Aufsichtsbehörde. Doch dagegen wehrt sich der Vermögensverwalter-Verband VSV. Er setzt auf Standesregeln an Stelle von Aufsicht.
Patrick Dorner, Geschäftsführer des VSV, meint dazu, die Regulierungskosten seien zu hoch, weil die Branche die neue Behörde finanzieren müsste. «Der VSV kann nicht einverstanden sein mit den Vorlagen Fidleg und Finig. Mit den Regulierungskosten werden Vermögensverwalter wegrationalisiert. Die Kosten sind disproportioniert», sagt Patrick Dorner.
Peter K. wollte mit dem Geld aus seiner Pensionskasse eine Wohnung kaufen. Die Anzahlung hatte er bereits gemacht. Dieser ist Traum geplatzt. Doch am meisten schmerzt ihn, dass sein Vertrauen missbraucht wurde. «Es ist traurig, traurig. Viel mehr kann ich nicht sagen», meint Peter K.
Für den Fall, dass Peter K. kein Geld mehr zurückbekommt, wird auch er den Gürtel enger schnallen müssen. Und in eine kleinere Mietwohnung ziehen.