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Geld Schweizer Landeskirchen: Leere Bänke, volle Kassen

Den beiden Landeskirchen laufen die Mitglieder davon. Trotzdem haben viele Kirchgemeinde volle Kassen. Das Geld geben die Kirchgemeinden vor allem für Löhne und Unterhalt der Kirchen aus.

Die Landeskirchen verlieren immer mehr Mitglieder. Die römisch-katholische Kirche verlor von 1990 bis 2000 vier Prozent der Mitglieder, die evangelisch-reformierte gar 9,2 Prozent. Trotzdem steigen die Kirchensteuereinnahmen. 1995 nahmen die Landeskirchen 1,35 Milliarden Franken Kirchensteuern von natürlichen und juristischen Personen ein. 2003 waren es bereits 1,46 Milliarden, ein Plus von 8 Prozent. Neben den Steuermillionen erhalten die Landeskirchen in verschiedenen Kantonen Staatsbeiträge und erhalten Spenden. Kassensturz wollte wissen, wofür die Kirchen das Geld ausgeben und schickte an 30 Kirchgemeinden der römisch-katholischen und der reformierten Landeskirchen in der ganzen Schweiz einen Fragebogen.

Für die Verteilung der Gelder sind die Kirchgemeinden zuständig. Die Umfrage zeigt: Viel Geld fliesst in die Löhne von Pfarrern und anderem Kirchenpersonal sowie in den Unterhalt der Kirchen. Beispiel katholische Kirche von Binningen Baselland. Von 5500 Mitgliedern besuchen durchschnittlich 200 den Gottesdienst. Kirchensteuern zahlen alle Mitglieder. Allein die Heizung der Kirchengebäuderäume kostet hier jährlich 50'000 Franken. Wichtiger Kostenpunkt sind die Löhne. Bei den Pfarrerlöhnen gibt es grosse Unterschiede.

In der Kirchgemeinde Luzern verdient ein Pfarrer bis zu 6900 Franken, zusätzlich eine freie Wohnung. Etwas höher die Löhne der katholischen Pfarrer im Kanton Zürich und Schaffhausen. Maximallohn 10'000 Franken.

Generell mehr verdienen die reformierten Pfarrer. In Graubünden bis zu 9200 Franken. Im Kanton Bern bis 11'300 Franken, im Kanton Zürich knapp 14'000 Franken.

Soziales Engagement der Kirche zu wenig finanziell berücksichtigt

"Viele Leute glauben vielleicht noch, dass sich meine Arbeit auf den Sonntagmorgen beschränkt" sagt der Binninger Pfarrer Christian Schaller. "Doch an anderen Tagen bin ich auch im Dienst, zum Beispiel mit meinen Kolleginnen und Kollegen vom Seelsorger-Team." Die Kirchgemeinde Binningen beschäftigt auch einen Jugend- und einen Sozialarbeiter. Doch das ist längst nicht in allen Kirchgemeinden der Fall.

Die Kassensturz-Umfrage zeigt: Bei vielen Kirchgemeinden sind die Sozialausgaben im Vergleich zu den Ausgaben für den Gottesdienstbetrieb und den Religionsunterricht klein. Adrian Loretan, Experte für Kirchenrecht und Kirchenmanagement an der Universität Luzern, kritisiert dies: "Es ist ein Problem, dass man das soziale Engagement der Kirche finanziell zu wenig berücksichtigt. Neben dem, was einzelne Leute in ihrer Freizeit machen, sollten die Kirchgemeinden das Soziale mit kirchlichen Geldern berücksichtigen."

Ein gutes Beispiel ist die reformierte Kirchgemeinde Burgdorf. Im Arbeiter- und Ausländerquartier Gyrischachen arbeiten Mitarbeiterinnen der Kirchgemeinde mit Kindern und Jugendlichen und bieten den Quartierkindern am Abend einen Treffpunkt im Freien. Das Angebot kommt bei den Jungen an. Für Experte Loretan ist es für Kirchen überlebensnotwendig, dass sie sich sozial engagieren.

"Wenn sich die Kirche nicht öffnet und sich um alle Mitglieder kümmert, verliert sie an Bedeutung", sagt Loretan. Dazu müssen die Kirchen mehr zusammenarbeiten. "Neu wird sicher sein, dass die Kirchen in nächster Zeit mehr dazu eingeladen werden, zusammenzuarbeiten. Es ist eine Notwendigkeit, dass die Kirchen in Zukunft überkonfessionell und über die Grenzen der eigenen Kirchgemeinde zusammenarbeiten müssen", sagt Pfarrer Schaller aus Binningen.

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