Jeder zweite Schweizer schnarcht. Das ist zwar noch keine Krankheit, vielfach jedoch die Vorstufe zum sogenannten Schlafapnoe-Syndrom. Atemaussetzer während der Nacht machen tagsüber müde und können das Herzinfarktrisiko erhöhen. Meistens werden die Patienten mit einem sogenannten CPAP-Gerät behandeln. Dieses pumpt mit Überdruck Luft in die Lunge. 16'000 CPAP-Geräte sind in der Schweiz in Betrieb. Die Miete kostet Millionen. Bezahlen müssen die Krankenkassen. Das Geld geht an die Lungenliga, die die Geräte vermietet.
Im Januar dieses Jahres berichtete die Medizinsendung Puls über die Schnarchspange von Arthur Wyss. Der Erfinder habe das Schnarchproblem mit den Atemaussetzern gelöst. Hunderte Schnarcher melden sich und probieren die Schnarchspange aus. Arthur Wyss, der Erfinder der Schnarchspange, litt selber 12 Jahre lang unter heftigem Schnarchen. Vor sechs Jahren entwickelte der 53Jährige Elektroniker eine einfache Drahtspange, die Schnarchen direkt am Entstehungsort verhindert. Er nennt die Schnarchspange Velumount. Heute gibt er sein Wissen an Betroffene weiter. Der Halbtageskurs kostet 360 Franken. Arthur Wyss ist kein Arzt. Trotzdem ist er überzeugt, dass seine Erfindung die Behandlung von Schnarchen und des Schlafapnoe-Syndroms verbessern kann. Die bewegliche Spange im Rachen stabilisiere das Gaumensegel. Der Luftkanal bleibe während des Schlafens offen. Das Schnarchproblem mit leichten Atemaussetzern sei gelöst.
Der Lungen- und Schlafspezialist Werner Bauer ist einer der wenigen Fachärzte, die sich für das vielversprechende gerät interessieren. Er behandelt patienten, die den Velumount anwenden. "Grundsätzlich kann man es bei Schnarchen ausprobieren. Bei Personen mit Schlafapnoe-Syndrom lehne ich es aber ab. Es sei denn, der Patient möchte es kontrolliert ausprobieren. Wenn der Patient wegen seines Schlafapnoe-Syndroms nicht schwer krank ist, bin ich offen, dass man es ausprobiert", sagt Werner Bauer.
"Am Anfang war das Interesse zwar gross, doch als es dann plötzlich konkret wurde, habe ich in allen Bereichen der Medizin eine grosse Ablehnung gemerkt", sagt Wyss. Wyss möchte mit der Lungenliga zusammenarbeiten und Mitglied werden. Doch die Lungenliga Bern lehnt sein Beitrittsgesuch ab. Die Begründung: Wyss könne die Mitgliedschaft für Werbezwecke verwenden. Die Schweizerische Lungenliga empfiehlt zudem allen kantonalen Ligen, nicht auf die Schnarchspange einzugehen.
Auch die Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie hat sich mit der Schnarchspange auseinandergesetzt. Die Empfehlung der Arbeitsgruppe: Die Schnarchspange wird als medizinisches Gerät nicht empfohlen. Es fehle eine wissenschaftliche Studie. Nur: Die Aufgabe der Arbeitsgruppe ist es, neue technische Entwicklungen zu prüfen. Wyss aber fühlt sich von ihr im Stich gelassen. Robert Thurnheer, Präsident der Arbeitsgruppe Schlafapnoe, rechtfertigt das fehlende Engagement: "Sie dürfen nicht vergessen, dass wir alle klinisch tätig und maximal eingespannt sind. Wenn wir so etwas machen, dann ist das in unserer Freizeit. Es gibt diverse Anfragen von Antischnarchkissen und anderen Dingen und wollen es prüfen lassen. Wir können nicht alles machen", sagt Thurnheer.
Tatsache ist: Viele Patienten sind mit der Schnarchspange zufrieden und geben der Lungenliga das gemietete Beatmungsgerät wieder zurück. Auch Marianne Seewer. "Ich bis sehr zufrieden. Ich kann jetzt durchschlafen. Ich tue es am Abend rein und nehmen es am Morgen wieder raus, und ich habe keine Probleme damit", sagt die Tierpraxis-Assistentin. Die 60Jährige leidet seit Jahren unter starkem Schnarchen und nächtlichen Aussetzern. Während sechs Monaten schlief sie mit dem CPAP-Gerät. Dafür musste ihre Krankenkasse der Lungenliga 1600 Franken überwisen. Ihre Schnarchspange hat das CPAP-gerät ersetzt. Damit hat sie viel Geld gespart.
Ein Vergleich: Der Draht kostet drei Franken. Der Kurs bei Arthur Wyss 360 Franken. Bei einer Behandlungsdauer von 5 Jahren, macht das im Schnitt inklusive Verbrauchsmaterial 80 Franken pro Jahr. Die Miete für ein CPAP-Gerät inklusive Abklärung kostet pro Patient durchschnittliche 1500 Franken jährlich. Also 19 mal so viel. Die CPAP-Geräte werden von der Lungenliga vermietet. Auch hier erhält die Schnarchspange keine Unterstützung. Otto Piller, Präsident der Schweizerischen Lungenliga, sagt die Anwendung der Schnarchspange könnte mit Gefahren verbunden sein und müsse vorher wissenschaftlich untersucht werden: "Es muss eine Studie vorliegen, dass das Hilfsmittel wirtschaftlich, wirksam und zweckmässig ist. Und eine solche Studie muss gemacht werden, sei das von einer Universität oder von einer anerkannten Prüfanstalt. Das muss aber Herr Wyss in die Wege leiten und dann einen Antrag auf die Aufnahme in die entsprechende Liste stellen. Dann werden die Mittel sogar von der Krankenkasse entschädigt", sagt Piller.
Tatsache ist: Jedes Jahr vermietet die Lungenliga Beatmungsgeräte für rund 20 Millionen Franken. Mit der Schnarchspange könnten die Patienten viel Geld sparen. Doch so genau scheint das niemand wissen zu wollen. Denn seit Jahren sucht Wyss einen Arzt für eine Studie. Bisher ohne Erfolg. Doch jetzt scheint sich für Wyss eine Türe zu öffnen. Die Pneumologie des Lindenhofspitals Bern zeigt Interesse an der Schnarchspange: "Ich will die Herausforderung annehmen und eine solche Studie durchführen", sagt Werner Bauer, Leiter Pneumologie des Lindenhofspitals. Das Schlafapnoe-Syndrom ist eine ernstzunehmende Krankheit. Die beste Behandlung ist momentan jene mit dem CPAP-Gerät. Die Studie wird zeigen, ob die Schnarchspange einen Teil der CPAP-Geräte ersetzen kann.