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Gesundheit Behörden lassen Skandalarzt gewähren

Neue Enthüllungen um den Skandal-Arzt Ingo Malm im Kanton Aargau: Das Gesundheitsdepartement lässt den Allgemeinarzt schon seit Jahren gewähren, obwohl Ingo Malm mehrere Verfahren am Hals hat, auch wegen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz.

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«Ingo Malm sollte weder im Aargau noch in einem anderen Kanton als Arzt tätig sein»,  sagt SVP-Grossrat Jean-Pierre Gallati. «Er zahlt Sozialabgaben nicht, er hat Riesenprobleme mit seinen Rechnungen gegenüber den Krankenkassen. Malm hat einen Ritalin-Strafprozess am Hals.»

In seinen Augen sei er in diesem Beruf nicht mehr vertrauenswürdig. Man müsse ihm deshalb die Bewilligung entziehen. So wie er haben Politiker von links bis rechts nach dem «Kassensturz»-Bericht vom 25.Oktober 2011   mit Interpellationen reagiert und die Aufsicht des Gesundheitsdepartements in Frage gestellt. 

Mangelhafte Aufsicht der Behörden

Der Deutsche wurde bereits in München mehrfach verurteilt: etwa wegen Steuerhinterziehung, oder weil er Löhne und Sozialversicherungsbeiträge seiner Angestellten nicht bezahlt hatte. Aus diesen Gründen wies 2006 der Berner Kantonsarzt Malms Gesuch um eine Berufsausübungsbewilligung ab.

Malm sei als Arzt zuwenig vertrauenswürdig. Nach der Abweisung Berns stellte Malm ein neues Gesuch im Kanton Aargau. Er bekam die Zulassung innert weniger Wochen.

Im  Gegensatz zu den Bernern unterliessen es die Aargauer, von Malm ein deutsches Leumundszeugnis zu verlangen. Kantonsarzt Martin Roth sagte zu Kassensturz: «Wir haben die üblichen Abklärungen vorgenommen. Das heisst: Wir haben einen Schweizer Strafregisterauszug eingefordert und dieser Auszug war sauber.» Auf die Frage, wie alt der Auszug war, antwortete Roth: «Er war einige Monate alt.»

Schuldenberg in München

Neue Recherchen zeigen: Bevor Ingo Malm in die Schweiz kam, hinterliess er an der Drachenseestrasse 8c in München einen Schuldenberg von 220‘000 Euro. Doch das ist nicht alles.

Das Bayerische Landessozialgericht listet 2003 zahlreiche Verfehlungen von Ingo Malm auf.  Zum Beispiel: «Falsche Leistungsabrechnungen», «Doppelabrechnungen und Mehrfacheinreichungen» sowie «nachhaltig beleidigende Attacken». Der Arzt beschimpfte die Verwaltungsangestellten als «SS-Leute eines Hitler-Regimes», «geistig Schwerbehinderte», «Volldeppen-Angestellte» oder «Sauhaufen».

Malm schreibt Kassensturz: Die Zulassung sei ihm wegen des «zerrütteten Verhältnis» mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns entzogen worden. Falsch- oder Fehlabrechnungen hätten damit nichts zu tun.

Beleidigungen wie «Volldeppen-Angestellte»

Seit 2006 praktiziert Malm auf dem Mutschellen im aargauischen Rudolfstetten. Er hielt sich von Anfang an nicht ans Gesundheitsgesetz: Im Aargau gilt für Ärzte das Medikamenten-Abgabeverbot, das sogenannte Selbstdispensationsverbot. Malm verkaufte trotzdem Medikamente - sogar Betäubungsmittel, die süchtig machen.

Seine ehemalige Praxisangestellte L. T. erinnert sich: «Es gab kein Medikament, das wir nicht führten. Wenn ein Patient 10 Fläschchen Valium aufs Mal wollte, hat man ihm das abgegeben. Obwohl man mit dieser Menge ein Pferd töten könnte.»  Manche Patienten seien wöchentlich vorbeigekommen.

Gegen Malm läuft am Bezirksgericht Bremgarten der sogenannte «Ritalin-Prozess». Er soll 2008 an drogenabhängigen Patienten innert fünf Monaten 13‘800 Tabletten abgegeben haben. Ritalin putscht gesunde Erwachsene auf und macht süchtig.

Weiterer Ritalin-Fall

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«Kassensturz» deckt auf: Auch Patientin O.S. wurde vor sechs Jahren von Ingo Malm mit Ritalin in grossen Mengen eingedeckt. Sie war damals betäubungsmittelsüchtig. «Bei Herrn Malm kommt man ganz leicht zu Medikamenten. Hauptsache er kommt zu Geld. Egal, ob sie zu Abhängigkeiten führen», erzählt O.S. «Man bekommt eigentlich immer eine Schachtel mit 100 Tabletten.»

Eine Rechnung zeigt: O.S. bekam 300 Ritalin-Tabletten zu 20mg innert 3 Tagen. Das übersteigt die übliche Dosis bei weitem. «Ich habe den Umgang damit nicht gefunden und musste Hilfe holen», sagt O.S. Die Patientin ging in eine Entzugstherapie. Ingo Malm hatte keine Bewilligung, ihr Ritalin abzugeben. Malm sagt dazu: Er verstosse «heute» nicht gegen das Medikamentenabgabeverbot.

Behörden verharmlosen den Fall Malm

Vor über zwei Jahren bat der Hausärzteverein Bremgarten den Kantonsarzt, er solle die Berufsausübungsbewilligung von Ingo Malm überprüfen. Doch der Kantonsarzt hatte keine Zeit für die besorgten Hausärzte. Roths Mail an die Departementschefin, Regierungsrätin Susanne Hochuli zeigt, wie er den Fall herunterspielt.

Zwar liefen «aufsichts- und strafrechtliche Verfahren» gegen Malm, schreibt Roth. Aber der warnende Hausarzt sei ein «frecher und unverschämter Kerl». Malm sei einfach eine «Konkurrenz» und ihnen deshalb ein «Dorn im Auge».

Empörung über den Kantonsarzt

Andreas Weisshaar, Präsident des Hausärztevereins Bremgarten, ist empört über die Passivitiät des Kantonsarztes. «Wir hatten nie den Eindruck, dass Interesse im Fall Ingo Malm besteht. Sowohl beim ersten Treffen mit dem Kantonsarzt Martin Roth, als er uns mitteilte, dass es im Aargau keine Tradition im Umgang mit fehlbaren Ärzten gäbe. Aber auch beim zweiten Treffen im Gesundheitsdepartement, als man uns sagte, es läge juristisch nichts Verwertbares gegen ihn vor.»

Nach der «Kassensturz»-Berichterstattung machte der Kantonsarzt zwei unangemeldete Inspektionen in Malms Praxis. Danach eröffnete das Gesundheitsdepartement Ende November ein Disziplinarverfahren -  wegen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz und gegen das Medikamentenabgabeverbot, das sogenannte Selbstdispensationsverbot.

Departementschefin rechtfertigt sich

Lange wollte sich Susanne Hochuli, Vorsteherin des Departement Gesundheit und Soziales, nicht zum «Fall Malm» äussern. Auf die Frage, wie lange Malm im Kanton Aargau noch praktizieren darf, sagt sie schliesslich gegenüber «Kassensturz»: «Diese Frage kann ich so nicht beantworten. Im Moment laufen ein Disziplinarverfahren und ein Strafverfahren gegen Herr Malm. Jetzt muss man warten bis Entscheidungen getroffen werden, und dann kann man weiterschauen». 

Ingo Malm praktiziert inzwischen weiter. Grossrat Jean-Pierre Gallati bezeichnet dies als Fehlleistung des Gesundheitsbehörde. «Wenn ich diesen Fall anschaue, muss ich mir die Frage stellen, ob es zuerst tote Patienten braucht in der Praxis von Herrn Malm bis der Kantonsarzt seine Praxis der Zurückhaltung aufgibt.»  

Für alle laufenden Verfahren gilt die Unschuldsvermutung.

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