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Gesundheit Essen im Altersheim: Schwere Kost für Senioren

Viele Senioren sind falsch ernährt, mit gravierenden Folgen für ihre Gesundheit. «Kassensturz» hat erstmals das Essen von Alters- und Pflegeheimen in der ganzen Schweiz im Labor untersucht und die Menüpläne der Heime analysiert. Das Ergebnis: Viele Altersheime kochen zu wenig gesund.

Betagtengerechtes Essen servieren ist eine grosse Herausforderung. Wenn Pflegeheime sie nicht meistern, sind die Konsequenzen schlimm. Das sieht Professor Reto Kressig immer wieder. Er leitet die geriatrische Abteilung des Universitätsspitals Basel. Er macht bei seinen Patientinnen und Patienten erschreckende Beobachtungen: Nur eine Minderheit von ihnen ist bei Spitaleintritt richtig ernährt.

Zu wenig Nährstoffe

40 Prozent der Senioren stehen am Rand einer Mangelernährung, unglaubliche 30 Prozent sind mangelernährt. Reto W. Kressig: «Für den Patienten bedeutet das, dass er über längere Zeit zu wenig Nährstoffe wie Protein, Vitamin, Kohlenhydrate und Fett eingenommen hat. Dadurch verlor er an Muskelkraft.»

«Kassensturz» testet in der ganzen Deutschschweiz die Menüs von zehn Alters- und Pflegeheimen. Reporter holen zur Mittagszeit das Hauptmenü mit Fleisch samt Suppe, Salat und Dessert. Alles, was aufgetischt wird, bringt «Kassensturz» ins Labor. Es bestimmt den Kalorien- und Nährstoffgehalt. Zudem misst das Labor, wie viel Folsäure, Vitamin D und B12 vorhanden ist. Diese Vitamine sind für alte Menschen besonders wichtig.

Alle Komponenten

Die diplomierte Ernährungsberaterin HF Helena Kistler-Elmer wertet für «Kassensturz» die Laborergebnisse aus. Und: Sie analysiert jeweils einen Wochen-Menüplan der Pflegeheime, einschliesslich Frühstück und Nachtessen. Wie ein Seniorenmittagessen zusammengesetzt sein muss, geben die Richtlinien der Schweizerischen Ernährungsgesellschaft vor. «Es muss alle Komponenten auf dem Teller haben mit Eiweissprodukten, mit Stärkebeilagen, Gemüse und Salat», sagt die Expertin.

Ein Senior brauche aber grundsätzlich weniger Kalorien. Helena Kistler-Elmer: «Ein Menü sollte ungefähr 420 bis 570 Kalorien enthalten, das entspricht wesentlich weniger als einem Erwachsenenmenü, wo 700 bis 800 Kalorien drin liegen dürfen.» Doch: Senioren brauchen mehr Vitamine und Mineralstoffe als Erwachsene mittleren Alters. Deshalb müsse das Essen «dichter» sein, ergänzt Kistler-Elmer.

Zu viele Kalorien

Als «ungenügend» beurteilt die Expertin die Stiftung Tertianum Gerbhof und Weiher in Gossau (SG): Note 3,8. Das Menu mit Schweinssteak hat zu viele Kalorien, zudem sind weder Folsäure noch die Vitamine D und B12 vorhanden. «Kassensturz» konfrontiert Christoph Künzli von der Tertianum AG. Er ist über das schlechte Resultat nicht glücklich. Es bestehe Handlungsbedarf in Gossau (SG): «Wir haben bereits Massnahmen eingeleitet», sagt Künzli.

Ebenfalls «ungenügend»: Das Pflegezentrum der Di Gallo-Gruppe in Speicher (AR). Note 3,8. Die Heimleitung schreibt, sie achte darauf, dass die Gerichte nahrhaft und gesund seien und gleichzeitig die Wünsche der Bewohner berücksichtigten.

Plan gegenlesen

Note 3,9 für das das Alterszentrum Weiherweg in Basel: Das Labor misst zu viel Fett und Eiweiss, gesamthaft 1118 Kalorien – soviel wie kein anderes Mittagessen der Stichprobe. Steve Steffen ist seit drei Jahren Chefkoch im Alterszentrum Weiherweg. Er ist verantwortlich für die Menüplanung. Aufgrund des schlechten Resultates der «Kassensturz»-Stichprobe will er Konsequenzen ziehen: «5 Mal am Tag Obst und Gemüse, da werden wir das Augenmerk vermehrt drauflegen, das ist ein guter Hinweis.»

Ausserdem werde man das Vieraugenprinzip einführen: «Dass jemand den Menüplan gegenliest und auf die Ausgewogenheit achtet», sagt Steffen. Die sehr gefragte, gutbürgerliche Küche wolle das Alterszentrum Weiherweg ansonsten beibehalten. Steffen: «Aber wir werden sie sicher vermehrt von der Ernährungsberaterin kontrollieren lassen.»

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