Vor drei Jahren ging Rosaria Stäheli wegen einer Brustvergrösserung zu Peter Meyer-Fürst. Der Schönheitschirurg legte nach einem kurzen Gespräch den Operationstermin fest: bereits in drei Wochen. Rosaria Stäheli: "Peter Meyer-Fürst hat mich nicht gross über Risiken aufgeklärt. Laut ihm ist das keine Sache. Man könne zwei, drei Tage später wieder alles machen. Er hat den OP-Termin extra auf einen Freitag gelegt, damit ich mich übers Wochenende erholen könne und dann am Montag normal arbeiten gehen könne." Bereits nach 20 Minuten habe ihr Meyer-Fürst eine Operationsvollmacht vorgelegt. Damit unterschrieb sie, dass sie genügend über Komplikationsrisiken aufgeklärt worden sei. Rosaria Stäheli: "Ich habe im Nachhinein sehr viele offene Fragen gehabt, weil mir im Moment nichts einfiel. Ich war dort drin, wurde überrumpelt mit dieser Vollmacht und habe unterschrieben." Daheim richtete sie ihre offenen Fragen per Mail an Meyer-Fürst. Sie hat darauf nie eine Antwort erhalten.
Für den renommierten plastischen Chirurgen Enrique Steiger sind ausführliche Gespräche über die Risiken einer Schönheitsoperation oberstes Gebot: "Man muss die Patientin mit Informationsmaterial heimschicken und erst beim zweiten Mal dann auf alle Fragen, die sie noch hat, eingehen. Erst dann kann sie eine Vollmacht unterschreiben. Aber alles andere in 20 Minuten in einem Aufwasch machen, wirkt für mich unseriös."
Nicht die einzige
Rosaria Stäheli überkommen Zweifel an der geplanten Brustvergrösserung. Am Tag vor der Operation sagt sie dem Schönheitschirurgen mündlich und schriftlich ab - und bemüht sich dann um die Rückerstattung ihrer Anzahlung von 2000 Franken. Vergeblich. Ihre Post kommt ungeöffnet zurück. Sie schaltet den Rechtsschutz ein. Die Hälfte, 1000 Franken, zahlt ihr Meyer-Fürst nach langem Hin und Her zurück. Lieber die 1000 Franken als gar nichts, sagte sich Rosaria Stäheli. Eine Brustvergrösserung kommt für sie heute nicht mehr in Frage.
Über die Arbeit des prominenten Schönheitschirurgen Peter Meyer-Fürst beklagen sich immer wieder Frauen. Eine davon ist Ronja P. Sie war erst 19 Jahre alt und eben Mutter geworden, als sie zu Meyer-Fürst ging. Das war vor sechs Jahren. Ronja P.: "Er schaute meine Brüste an, berührte sie und sagte: das ist wirklich schlimm. Ich mache dir wieder einen wunderschönen Busen. Ich wollte einfach wieder Brüste - nicht nur Haut - einfach wieder Frau sein." Auch Ronja habe nach möglichen Komplikationen gefragt. Doch: "Über die Risiken hat er mich nicht wirklich aufgeklärt. Ich habe ihn darauf angesprochen, aber er sagte, das passiere ihm nicht, das sei nicht so eine grosse Sache." Mit dem Resultat der Operation ist sie jedoch nicht zufrieden. Der Busen ist asymmetrisch. Ein Implantat liegt höher als das andere. Aber nicht nur das: Der Körper stösst die Implantate ab. Es kommt zur schmerzhaften Verhärtung der Brust. Ronja P.: "Nach der Operation bekam ich eine Kapselfibrose. Dann ging ich wieder zu ihm. Er hat das wieder total runtergespielt. Dann hat er es mit der Hand gesprengt. Und das hat weh getan. Es hat wirklich weh getan." Enrique Steiger dazu: "Eine Kapselfibrose ist eine Abstossungsreaktion auf das Implantat, also einen Fremdkörper. Wenn man die von Hand sprengt, riskiert man, dass das Implantat auch beschädigt wird und dass das Silikon in die Brustdrüse ausläuft."
«Nicht die nötige Distanz»
Ronja fühlt sich schlecht beraten von Peter Meyer-Fürst. Und: Der Arzt sei ihr auch zu nahe getreten: "Bei der letzten Untersuchung musste ich mich nach vorne bücken. Dann kam er von hinten, nahm meine Brüste zum Abtasten in die Hand. Plötzlich spürte ich seinen Unterleib an meinem Gesäss. Ich habe mich sofort umgedreht - bin erschrocken." Enrique Steiger Plastischer Chirurg: "Also dass sich eine Patientin nach vorne bücken muss zum Beurteilen wie die Brust fällt, das kann ohne weiteres sein. Aber das können sie ohne weiteres auch von vorne beurteilen."
Auch ihr gegenüber habe Meyer-Fürst nicht die nötige Distanz gewahrt, sagt Irina G. Sie suchte den Schönheitschirurgen vor sechs Jahren für eine Nasenkorrektur auf. Dem Lokalsender TeleZüri erzählt sie: "Ich musste mich auf ein Doppelbett legen. Dort hinter der die Trennwand. Er setzte sich auf den Bettrand. Er kam über mich und betrachtete meine Nase. Mit der Zeit war aber nicht mehr meine Nase, sondern sein Privatleben das Thema." Sie habe den Arzt mehrmals zurückgewiesen, sagt Irina G.. Doch vergeblich: "In dem Moment hat er seine Hosen aufgemacht. Während er halb auf mir lag. Ich habe ihn mit aller Kraft weggestossen, so dass er am Boden gelandet ist. Es war zuviel, denn er hat mich genötigt."
Mehrere Schönheitschirurgen sagten Kassensturz: Bei ihnen hätten sich Patientinnen von Meyer-Fürst über missglückte Opertionen beklagt, aber auch Annäherungsversuche. Enrique Steiger, plastischer Chirurg: "Sexuelle Avancen seitens des Arztes oder nur schon anzügliche Bemerkungen gegenüber den Patientinnen sind absolut unakzeptabel und ethisch nicht vertretbar. Dass verunmöglicht jede Behandlung und zerstört das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient."
Verhältnis zwischen Arzt und Patient klar
Kassensturz weiss: Zur Zeit laufen gegen Meyer-Fürst mehrere Strafuntersuchungen. In einem Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft Zürich gegen ihn wegen eines schweren Sexualdelikts. Das stimme nicht, sagt der Anwalt des Arztes. Die Gesundheitsdirektion hat die Oberaufsicht über die Aerzteschaft. Gegen Meyer-Fürst liege bisher noch nichts vor. Sie schreibt Kassensturz: „Die Gesundheitsdirektion wartet jetzt die eingeleiteten Strafuntersuchungen ab und wird dann gegebenenfalls überprüfen, ob Peter Meyer-Fürst die Praxisbewilligung entzogen werden muss."
In den Standesregeln der Aerztegesellschaft ist das Verhältnis zwischen Arzt und Patientin klar geregelt. Aerzte dürfen das Verhältnis zu ihren Patientinnen weder emotionell noch sexuell ausnützen. Enrique Steiger: "Das sind ja sehr schwere Vorwürfe, die da gegen Dr.Peter Meyer-Fürst erhoben werden. Aber sollten sich diese schweren Vorwürfe in einem ordentlichen Gerichtsverfahren bestätigen, dann bleibt meiner Fachgesellschaft wie auch den kantonalen Behörden nichts anderes übrig, als im schwersten Fall ein Berufsverbot auszusprechen. Denn so ein Arzt darf man nicht mehr auf Patienten loslassen, und es widerspricht jeglichen ethischen Grundprinzipien des Arztberufes."
Tausende von Frauen hat Peter Meyer-Fürst nach eigenen Angaben in den letzten Jahrzehnten operiert. Viele trauen sich nicht an die Öffentlichkeit. Jetzt bricht die Mauer des Schweigens.
Keine Stellungnahme
Gegenüber diesen Vorwürfen wollte Peter Meyer-Fürst gegenüber Kassensturz keine Stellung nehmen. Gegenüber "Blick" sagte er, man hätte ihm nie einen Kunstfehler nachweisen können. All diese Frauen haben keine Anzeige erstattet. Einerseits, weil sie sich keinen Anwalt leisten können, andererseits, weil es für sie schwierig wäre, das Erlebte zu beweisen. Für Peter Meyer-Fürst gilt die Unschuldsvermutung. Der Zürcher Staatsanwalt schrieb heute Nachmittag in einem Mail: "Wir bestätigen Ihnen, dass die Staatsanwaltschaft Zürich gegen Dr. Peter Meyer-Fürst eine Strafuntersuchung wegen eines schweren Sexualdelikts führt. Die Anzeige ist erst kürzlich eingegangen. Der abzuklärende Sachverhalt liegt aber mehrere Jahre zurück."