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Gesundheit «Spontan Einkaufen liegt bei Gluten-Unverträglichkeit nicht drin»

Obschon Grossverteiler ihr glutenfreies Sortiment in den vergangenen Jahren stark ausgebaut haben und weiter ausbauen wollen: Für Zöliakie-Betroffene bleibt das Einkaufen eine aufwändige und teure Angelegenheit. Zudem birgt die steigende Nachfrage nach glutenfreien Produkten auch Risiken.

Mittagspause in der Migros Drachen-Center in Basel: Vor den Take-Away-Ständen im Erdgeschoss tummeln sich hunderte hungrige Angestellte der umliegenden Geschäfte.

Seit kurzem kann sich auch Petra Geissmann hier ihren Zmittag holen: Wenn auch versteckt in der hintersten Ecke gibt es neu einen Stand mit glutenfreien Sandwiches, Brötchen und Fertigmenus. Es sind Produkte, die keinen Weizen enthalten. Bei Zöliakie-Betroffenen kann das in Weizen enthaltene Klebereiweiss Gluten zu starken Blähungen, Durchfall oder gar Erbrechen führen.

«Toll, dass ich jetzt auch eine Auswahl habe», sagt die Zöliakie-Betroffene. Punkto Qualität bestehe aber noch Luft nach oben, ergänzt die schlanke Frau Mitte vierzig. Und meint damit vor allem den Geschmack der glutenfreien Sandwiches.

Migros «tüftelt weiter»

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Die Grossverteiler haben in den vergangenen Jahren das Angebot an glutenfreien Produkten vervielfacht – und die Umsätze mit diesen Produkten steigen laufend. Bei Coop etwa waren es 2012 mit den hauseigenen «Free From»-Produkten 17 Millionen Franken, im vergangenen Jahr bereits 25 Millionen.

Auch Migros investiert kräftig in den Ausbau des glutenfreien Sortiments. Der Grossverteiler hat dafür eine glutenfreie Bäckerei in Huttwil (BE) aufgebaut, wo nun eben auch Sandwich-Brötchen gebacken werden.

«Wir denken, dass das ein wachsender Bereich ist», erklärt Sprecherin Martina Bosshard. «Es ist aber auch ein Engagement der Migros, speziellen Bedürfnissen gerecht zu werden.» Am Geschmack der Produkte will Migros weiter arbeiten: «Wir sind weiter am Tüfteln, entwickeln neue Rezepturen.»

Zöliakie-Betroffene profitieren – und haben Bedenken

Als bei Petra Geissmann vor 15 Jahren Zöliakie diagnostiziert wurde, gab es kaum glutenfreie Lebensmittel bei den Grossverteilern. Daher begrüsst sie die aktuelle Entwicklung. Sie ist aber auch skeptisch: «Ich stelle fest, dass es in meinem Umfeld immer mehr Leute gibt, die glutenfrei essen, obwohl sie gar nicht unter Zöliakie leiden.»

Freude daran hat sie nicht unbedingt: «Ich befürchte, dass wir Betroffenen dann zum Beispiel in Restaurants nicht mehr ernst genommen werden und die Vorsicht in diesen Betrieben nachlässt.»

Nachvollziehbar: Wer auf Gluten verzichtet, weil halb Hollywood glaubt, damit Pfunde verlieren zu können, spürt nichts, wenn er oder sie dennoch Spuren von Gluten zu sich nimmt. Bei Petra Geissmann haben genau solche Spuren jedoch Durchfall oder gar Erbrechen zur Folge.

Ausweichen auf Spezialgeschäfte

Die Spuren von Gluten sind es, die Petra Geissmann Spontankäufe verunmöglichen. Am Abend noch schnell ein frisches Brot holen, das liegt nicht drin: «Ich kann im Laden nicht einfach nehmen, worauf ich gerade Lust habe.»

Zutaten und Inhaltsstoffe müsse sie immer genau prüfen. Ein Grund, weshalb Petra Geissmann Lebensmittel auch über spezialisierte Geschäfte bezieht. Ein solches Geschäft die Bäckerei Gerig.

Zum Ausserrhoder Familienbetrieb gehören zwei Backstuben: eine herkömmliche in Waldstatt bei Herisau und eine glutenfreie in Urnäsch. Die strikte Trennung ist wichtig, da die glutenfreien Backwaren nicht mit normalem Mehlstaub «kontaminiert» werden dürfen.

Dreimal pro Woche bäckt der 29-jährige Daniel Gerig in Urnäsch glutenfrei – und zwar nicht nur Brote, sondern auch Zopf, Wähen- und Pizzaböden, Laugenbrezel, Süssgebäck (siehe Bildergalerie oben).

Produziert wird nur auf Bestellung, denn «wegen der teuren Rohstoffe können wir es uns nicht leisten, zu viel Brot zu backen», sagt Gerig und rechnet vor: «Für ein Kilo normales Mehl bezahlen wir rund einen Franken, glutenfreies Mehl kostet vier bis fünf Franken.» Spontan ein ofenfrisches Brot kaufen, geht also selbst beim glutenfreien Bäcker nicht.

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