Senfmehl wird als gutes Hausmittelchen gegen starke Erkältung empfohlen. Als Fussbad angewendet hilft es gegen kalte Füsse, wirkt schweisstreibend und schleimlösend. Im Fall von Corinne Hoferer sorgte Senfmehl allerdings vor allem für emotionale Wallungen. «Mein Arzt hat mir Senfmehl verschrieben als zusätzliches Mittel gegen eine Bronchitis. «Es ist wohl das teuerste Fussbad, das ich je genommen habe», sagt die inzwischen genesene Patientin gegenüber «Kassensturz».
Günstiger ohne Arztrezept
Mit dem Arztrezept ging Corinne Hoferer in die Apotheke ihres Quartiers. Dort füllte man ihr 100 Gramm des Pulvers ab und berechnete dafür 29.70 Franken. Etwas viel, dachte sich Corinne Hoferer. Sie fragte am folgenden Tag bei der Apotheke nach. Ein Mitarbeiter bestätigte ihr den Preis nochmals. Pikantes Detail: Ohne Arztrezept hätten die 100 Gramm Senfmehl nur 4.90 Franken gekostet. Die Mehrkosten von 24.80 Franken seien darauf zurückzuführen, dass sie das Senfmehl mit einem Arztrezept gekauft habe, teilte man ihr mit. Corinne Hoferer bat die Geschäftsleitung, sie zurückzurufen.
Preise steigen bei Überzeit
Zwei Tage später teilt die Apotheke Corinne Hoferer mit, sie solle die Rechnung doch an die Krankenkasse schicken. Die Kundin kann es nicht glauben: «Ohne Rezept 4.90 Franken, mit Rezept 6 Mal mehr – und das in Zeiten, wo die Krankenkassenprämien immer weiter steigen. Das ist doch wirklich absurd.»
Apotheken dürfen seit rund 10 Jahren für bestimmte rezeptpflichtige Medikamente Bearbeitungsgebühren verlangen: Für das Prüfen eines Rezeptes 4.30 Franken, für die Kontrolle der Verträglichkeit mit anderen Medikamenten 3.25 Franken. Und für Dienstleistungen ausserhalb der Oeffnungszeiten dürfen gar 17.30 Franken verrechnet werden. Aus der Quittung von Corinne Hoferer geht nicht klar hervor, wie sich der Preis zusammensetzt. Klar ist aber: Die Kundin betrat die Apotheke kurz vor Ladenschluss – der Mitarbeiter musste wegen der Senfmehl-Bestellung 15 Minuten Ueberzeit leisten. Zusammen mit den 4.90 Franken für das Senfmehl macht dies genau die 29.70 Franken aus, die Corinne Hoferer bezahlen musste.
Im Zweifelsfall nachfragen
Diese Taxen sind in der sogenannten «Leistungsorientierten Abgeltung» geregelt. Doch trifft dies in unserem Fall nicht zu, wie Paul Rhyn vom Krankenkassenverband Santésuisse präzisiert: «Nicht auf jedes Rezept darf die Apotheke Gebühren erheben. Das gilt nur für jene Medikamente, die auf einer speziellen Liste vermerkt sind.» Senfmehl gehöre nicht dazu – deshalb würde diese Rechnung auch von keiner Krankenkasse gedeckt. Der Experte rät den Kunden im Zweifelsfall, in der Apotheke nachzufragen, ob das Medikament auch wirklich von der «Leistungsorientierten Abgeltung» betroffen sei.
Die Apotheke in Liestal ist auf Nachfrage der Sache nochmals nachgegangen. Sie stellte daraufhin fest, dass sich tatsächlich ein Berechnungsfehler eingeschlichen habe: Taxpunkte seien ordnungsgemäss zwar keine verrechnet worden, das Problem liege aber an einem Bedienungsfehler am Computer. Die Apotheke hat sich bei Corinne Hoferer entschuldigt und ihr das Geld zurückbezahlt – inklusive 4.90 Franken für das Senfmehl.