Endlich die Traumfigur – und das zu einem erschwinglichen Preis. Frau L. sah das Angebot für eine Brustvergrösserung zum Schnäppchenpreis im Internet – auf der Versteigerungsplattform Groupon und glaubte, sofort zugreifen zu müssen. Jetzt bereut sie ihren Schritt: Ihre gepolsterten Push-up-BHs trägt sie noch immer, denn die Brustoperation ist nicht nach ihrem Wunsch verlaufen.
Die junge Mutter sagt, dass sie sich nach der Schwangerschaft eine solche Operation gewünscht habe. Ihre Brüste hatten Volumen verloren. Sie fühlte sich nicht mehr weiblich und im Sommer genierte sie sich, einen Bikini zu tragen.
Traumbusen für 5‘900 statt 14‘000 Franken
Ihre Freundin, Frau W. machte sie auf das Billigangebot aufmerksam. Auch sie ist eine junge Mutter. Im letzten Herbst hatte sie auf dem Schnäppchenportal Groupon zufällig das Angebot gesehen: Traumbusen für 5‘900 statt 14‘000 Franken, das bedeutet eine Ersparnis von 8‘100 Franken.
Seit der Pubertät litt sie unter zu kleinen Brüsten. Sie sagt: «Ich habe nicht lange überlegt und mich entschieden, den Eingriff zu machen. Denn ich wusste nicht, wie lange das Inserat noch gültig war.»
«So schnell wie möglich erledigt»
Aber aus ihrem Traum wurde nichts. Auch Frau W. ist mit der Operation nicht zufrieden. Sie sagt, ihre Brüste seien zu klein. Wenn sie sich schon unters Messer lege und 5‘900 Franken ausgebe, dann wolle sie mindestens Körbchengrösse B. Das habe sie ihrem Arzt gesagt.
Dem Schönheitschirurgen wirft sie vor: «Er hat nicht auf meine Proportionen geachtet und nicht geschaut, was zu meinem Körper passt, obwohl das mein ausdrücklicher Wunsch war.»
Ihre Freundin, Frau L. übt ebenfalls Kritik an der Behandlung durch den Arzt: «Er hat einen billigen Preis gemacht, und nicht viel Aufwand betrieben. Es ist mir vorgekommen, als ob er alles so schnell wie möglich erledigen wollte, nicht gross anschauen und besprechen.
Arzt weist Vorwürfe zurück
Die beiden Frauen liessen sich in einer Zürcher Schönheitsklinik operieren. Der Arzt sagt, er berate alle Patientinnen und lasse sie genormte Prothesen anprobieren. So könnten sie die für sie richtige Grösse des Implantats auswählen.
Die Vorwürfe der beiden Patientinnen, er habe zu kleine Implantate verwendet, weist er zurück. Er habe die Frauen gründlich beraten. Er sagt, die Grösse der Implantate – für Körbchengrösse B – entspreche den Empfehlungen des Implantateherstellers: «Frau L. hat ein Implantat mit 180 ml bekommen, das bedeutet, dass sie eine Körbchengrösse B erreicht hat. Und die andere Patientin hat 200 ml bekommen, damit hat sie ein B und C bekommen.» Er habe keine Erklärung für Frau W‘s Aussage, sie habe weiterhin eine Körbchengrösse A.
Brustvergrösserung erfordern sorgfältige Beratung
Yves Brühlmann ist plastischer Chirurg in Bern und Vorstandsmitglied der Fachgesellschaft der Schönheitschirurgen. Aus Erfahrung weiss er, Brustvergrösserungen erfordern eine besonders sorgfältige Beratung.
Dr. Yves Brühlmann erklärt, was jede Patientin ihren Chirurgen vor einer Brustvergrösserung fragen sollte.
Für ihn sind die Vorwürfe von Frau W. nachvollziehbar: «Sie hat effektiv wenig Brust gehabt vor der Operation und nachher hat sie nicht viel mehr. Da stimmen die Proportionen nicht. Man hätte eine grössere Prothese einsetzen sollen.»
Auch Fettabsaugen als Schnäppchen
Groupon ist ein Schnäppchenportal, das Dienstleistungen wie Nachtessen oder Reisen mit grossen Rabatten verscherbelt. Die Angebote sind oft nur 24 Stunden gültig. In dieser Zeit muss gekauft werden. Groupon stellt aber auch regelmässig Angebote für Schönheitsoperationen wie Augenlidkorrekturen, Brustvergrösserungen und Fettabsaugungen ins Netz. Auch DeinDeal schaltet Angebote für Schönheitsoperationen – beispielsweise eine Fettabsaugung mit einem Rabatt von 60 Prozent.
Fachgesellschaft warnt
Solche Angebote kritisiert Claudia Meuli-Simmen. Sie ist Präsidentin der Schweizerischen Fachgesellschaft für plastische Chirurgie. Störend findet sie, dass auf diesen Plattformen Schönheitsoperationen zum Schnäppchenpreis verkauft werden wie Wellnessangebote.
Claudia Meuli-Simmen beunruhigt, dass dabei Risiken heruntergespielt würden: «Man hat das Gefühl, man könne sich einer Operation unterziehen, wie wenn man spontan entscheidet zum Coiffeur zu gehen, um eine andere Haarfarbe machen zu lassen.» Eine Operation wolle sorgfältig überlegt sein. Man müsse die Risiken und Konsequenzen kennen.
Frauen mit kleinem Budget als Zielgruppe
Die Zürcher Klinik bietet auf Groupon mit Abstand die meisten Schönheitsoperationen an. Dort erklärt man, das sei ein Experiment und damit ermögliche er auch Frauen mit weniger Geld, sich einen lange gehegten Wunsch zu erfüllen.
Diese Patientinnen würde er gleich gut behandeln wie alle andern. Auch die Vorwürfe von Frau W. und Frau S. kann die Klinik nicht nachvollziehen: «Wir haben mit diesen Patientinnen viel Aufwand gehabt, viel Zeit und Energie gebraucht. Sie konnten mehrere Male Prothesen ausprobieren. Und mein Personal kann bezeugen, dass die beiden einen Superservice bekommen haben.»
Frau W. hat aus diesem Fall ihre Lehre gezogen, denn mit dem Traumbusen zum Rabattpreis hat es nicht geklappt: «Ich würde sicher nicht mehr so schnell auf ein solches Angebot eingehen.»
Stellungnahme Groupon
Groupon schreibt Kassensturz ihre Angebote könnten dazu beitragen Hemmschwellen abzubauen, Ärzte und Patienten zusammenzuführen: Vor allem auch Patienten, die sich eine solche medizinische Behandlung vielleicht niemals in vollem Umfang für den Normalpreis leisten könnten, kann so geholfen werden, beispielsweise als Möglichkeit, lebenslange psychische Probleme durch ästhetisch-chirurgische Eingriffe erfolgreich zu behandeln.