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Grosse Mängel bei Sicherheit in Seilparks
Aus Kassensturz vom 14.09.2010.
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Kassensturz-Tests Grosse Mängel bei Sicherheit in Seilparks

Seilparks boomen. Doch wie steht es mit der Sicherheit? Erstmals hat ein «Kassensturz»-Team verdeckt Seilparks in der ganzen Schweiz getestet: Wie gut werden die Kletterer betreut, wie sicher ist das Material und wie verhalten sich Mitarbeiter bei der Rettung? Das Resultat ist beunruhigend.

Innerhalb zehn Jahren eröffneten in der Schweiz 36 Seilparks. Weitere sind geplant. Knapp eine halbe Million Gäste besuchen jedes Jahr einen dieser Seilparks. Die Branche ist neu: Wie ein solcher Park zu betreiben ist, steht in keinem Gesetz. In der Schweiz gilt eine europäische Norm als Sicherheitsstandard.

Erfüllen die Schweizer Seilparks diese Sicherheitsstandards tatsächlich? «Kassensturz» hat mit einem Testteam acht zufällig ausgewählte Parks verdeckt besucht und getestet. Als Seilpark-Experte war Michael Spring dabei. Er baut Seilparks und bildet regelmässig Mitarbeiter aus. Früher führte er selber einen Seilpark. Im Test wurden vier Kriterien bewertet: Instruktion mündlich, Betreuung im Park, Rettung, Qualität von Material und Park.

Instruktion in drei Parks ungenügend

In allen Parks muss ein Parkmitarbeiter die Besucher instruieren. Wie gut sind die mündlichen Anweisungen? Wie aufmerksam sind die Mitarbeitenden? Weisen sie die Testpersonen beispielsweise darauf hin, ihre langen Haare zusammenzubinden, wie es Vorschrift ist

Ungenügend: In drei Seilparks sind weder die offenen Haare ein Thema noch das Halstuch, welches das Risiko birgt, sich beim Klettern zu strangulieren. Im Seilpark Interlaken trägt sogar die Instruktorin ihre Haare offen.

Um mit Karabinern und Seilrolle vertraut zu werden, sollten alle Gäste einen Übungsparcours absolvieren, so schreibt es die Norm vor. Im Seilpark Balmberg schickt der Instruktor die Gäste alleine in den Park, der Übungsparcours fehlt.

Altes Material – unnötiges Risiko

Der «Kassensturz» fand Karabiner und Seilrollen, die nicht richtig schliessen, ein defektes Höhensicherungsgerät oder Schrauben ohne Gummikappen –Verletzungsgefahren, die zu vermeiden wären. Mängel entdeckte «Kassensturz» in den Seilparks Balmberg, Gantrisch, Interlaken und Rheinfall.

Wie gut ist die Aufsicht im Park? Ist stets ein Parkmitarbeiter in der Nähe? In sechs der acht getesteten Parks wird die Gruppe nach der Instruktion allein in den Park geschickt. Dabei wäre gerade beim Einstieg eine Parkaufsicht wichtig. In den Seilparks Gantrisch und Balmberg wird gar geholzt statt auf die Besucher aufgepasst.

Rettung: Schnell und fehlerfrei?

Wie reagieren die Mitarbeitenden, wenn ein Besucher nicht mehr weiterklettern kann? Das «Kassensturz»-Team provozierte einen Rettungseinsatz: Testperson Selina Schmid kann nicht mehr weiterklettern, sie ist erschöpft und schreit auf einer Plattform laut nach Rettung. Wie lange dauert es, bis jemand zu Hilfe kommt? Der «Kassensturz»-Experte beobachtet den Rettungseinsatz genau: Seilt der Retter Selina Schmid fehlerfrei ab? Die Seilparks Rigi und Balmberg versagten in diesem Kriterium.

Massnahmen notwendig

Das Testfazit ist ernüchternd: «Kassensturz» entdeckte in vier der acht getesteten Seilparks Sicherheitsmängel. Seilpark-Experte Michael Spring findet es erschreckend, wie viele Parks schlecht abgeschnitten haben: «Es sind sicherheitstechnische Aspekt wie eine fehlende Parküberwachung, schlechter Materialzustand und nicht gut ausgeführte Rettungen. Da muss man etwas unternehmen.»

Pit Bangerter vom Verband Schweizer Seilparks sagt: «Der Test ist eine Momentaufnahme. Er bestätigt unser Bild, dass die Qualität der Seilparks in der Schweiz sehr unterschiedlich ist.» Er werde in Zukunft die aufgedeckten Mängel in der Ausbildung der Seilparkmitarbeiter thematisieren.

Eigenverantwortung wahrnehmen

Auch wenn in den Seilparks einiges zu verbessern ist: Die Besucher können viel zu ihrer Sicherheit beitragen. Während der Einführung, auf dem Übungsparcours und auf den Trails ist Konzentration ein Muss. Auch empfiehlt es sich, gleich am Anfang Gurten, Karabiner und Seilrollen sorgfältig zu prüfen und defekte Teile auswechseln zu lassen.

Funfaktor

Für Anfänger ist jeder Seilpark ein Erlebnis. Fortgeschrittene kommen vor allem in den grossen Parks Seilpark Balmberg und Adventure Park Rheinfall auf ihre Rechnung. Lange Parcours und hohe Plattformen fordern Kraft und Ausdauer. Im Seilpark Balmberg sorgen Slacklines und Kletterbäume für Abwechslung. Einen Adrenalinschub gibt es beim 12-Meter-Pendelsprung im Seilpark Wasserfallen oder beim freien Fall von einer 13-Meter-Plattform im Park Rheinfall. Für Familien mit Schulkindern gut geeignet sind der liebevoll gestaltete Seilpark Rigi und der Waldseilgarten Rütihof, wo die Plattformen nicht so hoch sind, aber Geschicklichkeit gefragt ist.

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