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Inkasso-Büro belästigt Kleinkind
Aus Espresso vom 21.09.2016. Bild: Colourbox
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Geld Inkasso-Büro belästigt Kleinkind

Ein noch nicht einmal zweijähriges Kind erhielt Zahlungsaufforderungen von Intrum Justitia. Der Bub soll Telefon- und Fernseh-Rechnungen nicht bezahlt haben. Die Eltern des Kindes beschweren sich beim Inkassobüro. Trotz gegenteiligem Versprechen wird ihr Sohn erneut belästigt.

Die junge Mutter staunte nicht schlecht, als sie im November 2015 Post für ihren damals knapp zweijährigen Jungen öffnete: Zahlungsaufforderungen des Inkassobüros Intrum Justitia. Es geht um offene Telefon- und TV-Rechnungen: «Mein Sohn muss exzessiv telefoniert haben, anscheinend kann er nicht mit Geld umgehen», meint Franziska Meier ironisch. Auch auf ihr Mobiltelefon erhielt sie Anrufe des Inkassobüros. Als sie sagte, ihr Sohn habe Jahrgang 2014 und sicher nie in Zürich gewohnt, habe man sie beinahe als Lügnerin hingestellt, empört sich die Mutter.

Wie kommt Intrum an die Daten eines Kleinkindes?

Sie beschwerte sich schriftlich über die Zahlungsaufforderungen an ihren kleinen Sohn. Intrum Justitia sicherte ihr zu, dass der Fehler behoben und die Adresse gelöscht sei. Für einige Monate hatte Familie Meier auch wirklich Ruhe. Im August rief Intrum Justitia aber erneut an und verlangte wegen unbezahlter Rechnungen den kleinen Jungen. Die Mutter erinnert sich: «Ich musste der Dame mitteilen, dass er leider gerade im Sandhaufen sei.» Das Telefon sei mit der Bemerkung, dann müsse man dies überprüfen, ziemlich schnell zu Ende gegangen.

Familie Meier fühlt sich belästigt und fragt sich, wie die Daten ihres inzwischen knapp dreijährigen Sohnes überhaupt im System des Inkassobüros landen konnten. Schliesslich stehe er in keinem Adressverzeichnis. Michael Loss, Sprecher von Intrum Justitia, sagt gegenüber dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1: «Es war nie unser Ansinnen, ein Kind anzuschreiben. Das passiert grundsätzlich auch nicht. Es ist ein unglücklicher Zufall, dass wir von unserem Datenlieferanten eine falsche Adresse erhalten haben.» Man entschuldige sich bei der Familie und ihrem Sohn.

Intrum Justitia räumt Fehler ein

Und was sagt Intrum Justitia dazu, dass das Kind im August trotz gegenteiliger Beteuerung erneut belangt wurde? Michael Loss räumt ein, dass hier ein Fehler passiert sei: «Die Handynummer der Mutter haben wir irrtümlich nicht aus dem Datensatz gelöscht, da wir meinten, dies sei die Nummer des eigentlichen Schuldners.»

Offenbar gibt es beim Inkassobüro Probleme mit der Handhabung der Daten mutmasslicher Schuldner. Intrum Justitia kauft bei professionellen Adresshändlern Datensätze ein. Nicht immer ist auch ein Geburtsdatum dabei. Zu junge Personen würden beim Inkassobüro ansonsten herausgefiltert, sagt Michael Loss. Im vorliegenden Fall habe das Geburtsdatum gefehlt, daher sei die Verwechslung mit einem verschwundenen Namensvetter des Kleinkindes passiert.

Die Zuverlässigkeit dieser Datensätze ist aber auch sonst zweifelhaft. «Espresso» erfährt regelmässig von Konsumenten, welche fälschlicherweise von Inkassobüros belangt werden. Gerade wenn es um Zahlungsaufforderungen und Betreibungsandrohungen geht, sollte jedoch besonders sorgfältig und vorsichtig gearbeitet werden. Intrum Justitia könne die gelieferten Adressen nicht überprüfen, findet Firmensprecher Michael Loss. Inkasso sei ein Massengeschäft, Intrum erhalte mehrere Millionen Fälle im Jahr: «Da ist es schlicht nicht machbar, dass wir jeden einzelnen Datensatz verifizieren, bevor wir aktiv werden.»

Intrum Justitia redet von Einzelfällen

Interne Massnahmen, damit keine Personen mehr verwechselt werden, findet das Inkassobüro unnötig. Es gebe nur noch Einzelfälle, meint Michael Loss: «Zu solchen Ausnahmen kommt es vielleicht ein- bis zweimal im Jahr. Diese Fälle werden dann meistens auch publik.» Gemessen an mehreren Millionen Fällen seien dies eindeutig nur Ausnahmen. Folglich würden die internen Prozesse funktionieren, um Verwechslungen zu verhindern.

Dennoch werde man künftig besser schauen, dass bei Verwechslungen wirklich alle falschen Daten gelöscht würden, beteuert Intrum Justitia. Man arbeite inzwischen auch nicht mehr mit dem Lieferanten zusammen, der die Daten des kleinen Buben geliefert habe. Allerdings nicht nur aus diesem Grund.

Weiter erklärt das Inkassobüro, man sei daran, sämtliche Briefe neu zu formulieren, so dass sie nicht mehr als Drohungen empfunden würden. Grosse Worte, denen «Espresso» dann glaubt, wenn auf der Redaktion keine Beschwerden mehr über Intrum Justitia landen.

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