300'000 Jugendliche haben einen problematischen Social-Media-Konsum, so die Schätzung der Vereinigung der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Chefärzte und Chefärztinnen und von Pro Juventute. Einige Schulen schränken die Nutzung von Smartphones ein.
Von einem generellen Verbot hält die Präsidentin des Lehrer- und Lehrerinnenverbands allerdings nichts. Dagmar Rösler plädiert dafür, den Schulen Vertrauen zu schenken.
SRF: Dagmar Rösler, haben wir ein Problem mit dem Handy?
Dagmar Rösler: Wir wissen, dass die Jungen sehr viel am Handy sind. Wir wissen auch, dass sie angeben, sie hätten nur zwei bis drei Stunden Freizeit. Das weist darauf hin, dass sie den Umgang mit dem Handy bereits nicht mehr als Freizeit erkennen. Man muss also genau anschauen, wie junge Menschen in der Schule und in der Freizeit mit dem Handy umgehen.
Es gibt Sequenzen im Unterricht, in denen man das Handy gut gebrauchen kann.
Wie gehen Sie als Lehrerinnen- und Lehrerverband damit um?
Der LCH plädiert dafür, dass man kein grundsätzliches Verbot von Handys in den Schulen ausspricht – in dem Sinne, dass man es zu Hause lassen muss und gar nicht in die Schule mitnehmen darf. Der LCH spricht sich für klare Regelungen in der Schule aus. Es gibt immer Sequenzen im Unterricht, in denen man das Handy gut gebrauchen kann.
Wir haben uns umgehört auf einem Schulhausplatz. Wir hatten den Eindruck, die Jungen wären froh, wenn ihnen jemand sagen würde: Die Schule ist handyfreie Zone. Wieso machen Sie das nicht?
Ich kann das sowieso nicht machen. Jede Schule entscheidet selbst, welche Regeln sie aufstellt und wie sie damit umgeht.
Aber Sie könnten eine klare Haltung haben.
Wir haben eine klare Haltung. Wir sind ganz klar dafür, dass die Schulen alles dafür tun müssen, dass sich Jugendliche und Kinder in der Schule auf den Unterricht konzentrieren können. Dafür gibt es Regelungen. Zum Beispiel werden Handys am Anfang des Schulunterrichts eingezogen und können am Mittag wieder mitgenommen werden.
Andere sagen: Ihr dürft das Handy selbstverantwortlich in eurem Rucksack behalten. Wir wollen es einfach nicht sehen, es darf nicht vibrieren und nicht klingeln. Das zeigt: Es gibt verschiedene Wege zu einem guten Umgang mit Handys.
Der Umgang mit dem Handy ist auch in der Verantwortung der Erziehungsberechtigten.
Seit Corona wird die Digitalisierung gepusht. Die Kinder bekommen etwa Tablets. Aber der Wind hat doch gedreht, weil man jetzt merkt, dass der Digitalkonsum der Kinder sehr viele negative Auswirkungen hat.
Absolut einverstanden. Wir reden hier von der Schule, man muss auch die Freizeit anschauen. Aber das ist nicht die Verantwortung der Schule, sondern der Erziehungsberechtigten. In den Schulen in der Schweiz erlebe ich es so, dass vor allem auf der Primarstufe noch sehr viel analog gearbeitet wird. Es wird aus Büchern gelesen und von Hand geschrieben. Und irgendwann kommen das Tablet oder der Laptop ins Spiel.
In der Primarschule beginnt es schon recht früh mit Digitalem. Dort wird bald nicht mehr viel geschrieben.
Die Schulen müssen einen guten Ausgleich finden zwischen analog und digital. Sie sind auch verpflichtet, die Schüler und Schülerinnen im digitalen Bereich zu unterrichten. Ich erlebe, dass sie das recht gut im Griff haben. Man darf Vertrauen in die Schulen haben.
Das Gespräch führte Bettina Ramseier.