Während der Recherchen über betrügerische Investitionsangebote stiess «Kassensturz» auf einen Mann, der für verschiedene solche Firmen in Zypern gearbeitet hatte. Aus Angst vor Repressionen möchte er anonym bleiben. Das Interview wurde schriftlich geführt.
SRF : Internetseiten werben mit hohen Gewinnen, Lockvögel sind oft prominente Figuren, Moderatoren, Politiker. Sind solche Versprechen realistisch?
Insider: Das sind fast immer unhaltbare Versprechen. Es gibt Fälle, wo jemand gewinnt, aber die sind extrem selten. Fast nie werden grössere Summen gewonnen. Das Versprechen soll Leute dazu bringen, immer mehr Geld zu investieren.
Meist sind diese sogenannten Account-Manager in keiner Weise ausgebildet.
Die Menschen wollen solche Dinge glauben, viele spielen ja auch Lotto, ohne Chance auf einen grösseren Gewinn.
Die Betroffenen werden von Brokern «unterstützt». Sind das wirklich «Broker»?
Echte Broker sind extrem selten. Meist sind diese sogenannten Account-Manager in keiner Weise ausgebildet, haben allenfalls höchstens ein paar Tage interne Schulung hinter sich.
Diese «Broker» sagen, wenn ihre Kunden gewinnen, würden auch sie Geld verdienen. Deshalb seien sie am Erfolg ihrer Kunden interessiert. Stimmt das?
In der Regel ist das Gegenteil der Fall. Bei CFD- und Forex-Geschäften gewinnt die Firma das Geld, die Kunden verlieren es. Es werden keine echten Aktien oder Werte gekauft. Der «Broker» wird oft prozentual beteiligt am Geld, das der Kunde einbezahlt.
Wie setzt sich der Lohn der Broker zusammen?
Das ist unterschiedlich. Oft gibt es ein Festgehalt und einen variablen Bonusanteil. Dieser berechnet vom Betrag, den die Kunden des Agenten einzahlen, abzüglich der Auszahlungen.
Verliert der Kunde, gewinnt die Firma.
Der Bonus kann in guten Monaten fünf- bis zehnmal so hoch wie das Fixgehalt sein.
Worum geht es bei diesem Geschäftsmodell?
Das ist einfach: Gewinnt der Kunde, muss das Geld irgendwo herkommen. Es gab ja kein Investment am Aktien- oder Rohstoffmarkt. Das heisst, die Firma muss das Geld aufbringen und verliert es. Verliert der Kunde dagegen, gewinnt die Firma. Das ist das Geschäftsmodell. Oft genügt es, dass der Kunde nicht genug Ahnung hat. Der Markt regelt das von selbst.
Betroffene wollten Geld von ihrem Konto abheben. Doch dazu kam es nie – was sind diesbezüglich die Gepflogenheiten der «Broker» und deren Firmen?
Regulierte Unternehmen bezahlen eigentlich immer aus – aber machen es dem Kunden schwer, das Geld zu bekommen, durch Verzögerungen oder Formulare. Wenn der Kunde durchhält, kann er aber Geld zurückbekommen.
Für die Plattformen ist es einfach, Personal zu bekommen.
Bei unregulierten, illegalen Firmen bekommt man nie etwas zurück. Nach diesen Unternehmen fahnden die Polizeibehörden in den meisten Fällen.
In unseren Fällen haben Zuschauer hohe Summen investiert und verloren. Sind das Einzelfälle?
Die Summen variieren immens. Von 250 Euro bis in die Millionen. Das kommt alles vor. Natürlich sind Millionensummen die Ausnahme.
Diese Firmen sind zu einem grossen Teil in Zypern – gibt es dafür eine Erklärung?
In Zypern war die Regulierung mehrere Jahre nicht sehr streng, und man hat versucht, die Unternehmen ins Land zu bekommen. Das hat sich allerdings in den letzten Jahren deutlich verändert, die Regeln wurden verschärft. Es gibt auf Zypern einen Markt von Account-Managern, die von einer zur nächsten Firma wechseln. Für die Plattformen ist es einfach, Personal zu bekommen.
Das Gespräch führte Marianne Kägi.