Flavia und Paul L. wollten im letzten Herbst mit ihren beiden Kindern zur günstigsten Krankenkasse wechseln. Dazu bestellten sie auf einer Prämien-Vergleichsplattform im Internet eine Offerte. Ein Agent rief zurück, und kurz darauf besuchte sie ein Berater. Eine suspekte Situation, erinnert sich Flavia L.: «Er hat sich nicht ausgewiesen und nicht gesagt, für wen er arbeitet.»
Paul L. musste vor Jahren einen Tumor an den Stimmbändern wegoperieren lassen. Deshalb durfte die Zusatzversicherung bei der alten Krankenkasse Visana auf keinen Fall gekündigt werden, denn mit dieser Krankengeschichte ist der Neu-Abschluss einer Zusatzversicherung aussichtslos.
Doch nach einigen Tagen merkt das Paar: Der Berater hat die Zusatzversicherung gekündigt, obwohl er von der schweren Erkrankung von Paul L. gewusst habe. Nicht nur das, der Berater machte einen weiteren groben Fehler: Auf den Anträgen für die neue Krankenkasse KPT füllte er den Gesundheitsfragebögen fehlerhaft aus – ein Risiko für die Familie, denn Krankenkassen können bei falschen Angaben Leistungen verweigern. Besonders stossend: Der Berater füllte die Formulare ohne Beisein der Familie L. aus. Flavia L. ärgert sich: «Ich bin davon ausgegangen, dass wir alles zuerst mit der KPT besprechen und dann erst die Fragebögen ausfüllen».
Gesetzliche Informationspflicht verletzt
Versicherungsexperte Ruedi Ursenbacher stellt klar: Der Berater hat die gesetzlich vorgeschriebene Informationspflicht gleich mehrfach verletzt. Zusammen mit den anderen Schlampereien kommt er zum Schluss: «Das dünkt mich eine äusserst mangelhafte Beratung!»
Tipps von Versicherungsexperte Ruedi Ursenbacher
Das Gesetz verlangt unter anderem, dass sich Versicherungsberater ausweisen und sagen, für wen genau sie arbeiten. Doch für wen hat der Berater nun gearbeitet? In der neuen KPT-Police findet sich der entscheidende Hinweis. Es ist die Firma Breasy AG. «Kassensturz» findet im Handelsregister heraus: 3 von 5 Geschäftsleitungsmitglieder von Breasy haben Funktionen bei der Krankenkasse KPT. Der CEO erklärt auf Anfrage von «Kassensturz», dass Breasy eine Tochterfirma der KPT sei.
Offizieller Prämienrechner des Bundes:
Der Berater versprach der Familie L. das «günstigste Angebot». Flavia und Paul L. wussten nicht, dass sie lediglich eine KPT-Offerte bekommen sollten. Ein Blick in den Prämienrechner des Bundes zeigt aber, dass die Familie mit dem günstigsten vergleichbaren Angebot nochmals 900 Franken pro Jahr sparen könnte. «Da fühlen wir uns hinters Licht geführt», sagt Flavia L.
Immerhin: Als «Kassensturz» ihre alte Krankenkasse Visana kontaktiert, wird Paul L. dort wieder in die Zusatzversicherung aufgenommen.