Kollisionen im Strassenverkehr sind meistens auf menschliche Fehler zurückzuführen. Notbremssystemen können hier helfen. Sie scannen die Strasse ab und unterstützen den Fahrer. Bei Bedarf warnen sie oder bremsen sogar automatisch.
Praxistest auf Flugpiste
Der TCS prüfte in St. Stephan (BE) die Notbremsassistenten bei je einem Modell von Mazda, Mercedes, VW, Tesla und Peugeot. Auf einer gesperrten Flugpiste fuhren die Autos auf Auto- und Fussgänger-Dummies zu, mit Tempo 30, 50 und 80. Bei allen Fahrten in diesem Praxistest warnten die Autos mit optischen und akustischen Signalen. Der Testpiloten selber machten nichts.
Kollision mit «Fussgänger»
Aus Tempo 50 warnte der Peugeot, bremste ab und kollidierte mit dem Fussgänger-Dummy. Der Grund ist unklar. Faktoren wie zum Beispiel eine unterschiedliche Bereifung oder Beladung könnten laut TCS eine Rolle spielen. Die Bremsung hätte dann vielleicht ohne Aufprall geendet. Peugeot betont, ihr Notbremsassistent verringere bei Gefahr die Geschwindigkeit vom Fahrzeug stark.
Generell könne man sich mit den neuen, bald obligatorischen Notbremssystemen noch nicht zurücklehnen, betont TCS-Testleiter Elia Limarzo: «Wir befinden uns auf Level 2 von 5 Automatisierungsstufen. Das bedeutet, der Fahrer muss jederzeit die Kontrolle über das System und Fahrzeug behalten.»
Fahrerinnen und Fahrer weiterhin verantwortlich
Mitbeteiligt am Praxistest war auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). Nadja Ingenhoff ist Expertin für Fahrassistenzsysteme. Sie betont, dass die Autofahrenden die Hände nach wie vor am Lenkrad und die Augen auf die Strasse haben müssen. «Sie sind verantwortlich von A bis Z. Assistenzsysteme geben aber etwas Entlastung und greifen im Notfall ein.»
Aufprall bereits aus Tempo 30
In einem weiteren Szenario fahren die Autos auf den aufgeblasenen Auto-Dummy zu. Der VW ID.4 prallte bei Tempo 30, 50 und 80 in den Dummy. Zwei Monate später wiederholte der TCS den Notbremstest mit einem anderen VW ID.4. Auf der Teststrecke erkannte der Notbremsassistent nun das Hindernis aus Tempo 30 und 50, er warnte und stoppte. Anders die Situation aus Tempo 80. Der VW warnte jeweils und rammte dann den Dummy. In vier von sechs Szenarien fuhr das Auto sogar ungebremst ins Hindernis.
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«Muss so sein» – sagt VW
Dass der Notbremsassistent in der gleichen Situation nicht immer gleich reagierte, ist für die VW-Zentrale in Wolfsburg nicht nachvollziehbar. Sie bestellte die beiden Fahrzeuge umgehend nach Deutschland, für Versuche mit einem normierten Dummy. Bei allen Versuchen stoppten die Modelle automatisch und rechtzeitig. Offenbar war der nicht-normierte TCS-Dummy für das VW-System kein Hindernis, das zwingend eine Notbremsung erfordert.
Das sei richtig so, sagt der VW-Ingenieur Frank Schroven: «Im Zweifelsfall sollte ein automatisches Notbremssystem nicht bremsen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir viel mehr Schaden anrichten könnten, wenn wir unberechtigt bremsen, als in einem Nutzenfall einmal nicht zu bremsen.»
Der Technik nicht blind vertrauen
Die Notbremssysteme haben also ihre Grenzen. Sie verbessern zwar die Sicherheit im Strassenverkehr, aber blind auf sie vertrauen dürfen die Autofahrerinnen und Fahrer auf keinen Fall.
(Sehen Sie dazu oben auch die TV-Beiträge und Studiogespräche mit Raphael Murri, Professor für Fahrzeugsicherheit.)