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Internetseiten werben mit Gewinn – Anleger haben riesige Verluste
Aus Kassensturz vom 14.03.2023.
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Risiko Online-Investitionen Internetseiten werben mit Gewinn – Anleger haben riesige Verluste

Vier Familien verlieren über 700'000 Franken in kurzer Zeit, beraten von sogenannten Brokern.

Am Anfang standen Inserate im Internet: Schon mit 250 Euro könne man grosse Gewinne einfahren. Eine Rentnerin aus dem Kanton Bern stiess auf der Seite ihres E-Mail-Kontos auf ein solches Inserat, war neugierig und meldete sich an.

«Kann zum Verlust des Guthabens führen»

Umgehend meldete sich eine Brokerin. Sie erklärte, «Mit 250 Euro komme ich nicht weit, ich brauche mehr Einsatz.» Die Rentnerin betonte, sie habe keine Erfahrung mit Geldinvestitionen. Die Brokerin erwiderte, das sei kein Problem, sie sei schliesslich Fachfrau, sie brauche einfach mindestens 10'000 Euro. Die Rentnerin lässt sich überzeugen und zahlt ein.

Experten warnen

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Marc Chesney, Finanzprofessor am Institut für Banking und Finance der Universität Zürich warnt, diese Finanzwetten seien selbst für Profis komplex und höchst riskant: Für Anfänger völlig ungeeignet. Die Broker seien psychologisch geschulte Verkäufer: «Sie müssen Anlegern immer neue Hoffnung geben, ihnen nach Verlusten gut zureden, damit sie weitermachen. Das Ziel dieser Verkäufer ist, dass Anleger immer mehr Geld investieren und neue Transaktionen machen. Denn damit verdienen sie ihr Geld.»

Erk Schaarschmidt von der deutschen Verbraucherzentrale Brandenburg e.V. kennt diese Geschäftsmethoden bestens und warnt vor solchen Plattformen, denn Gewinne würden kaum ausbezahlt: «Wir sehen regelmässig, dass überhaupt kein Geld zurückfliesst. Nur wenn es um sehr hohe Beträge geht, mehrere 100'000 Euro, die investiert werden könnten, dann machen die Firmen vielleicht ein paar 1000 Franken locker, um zu zeigen: Wir sind real vorhanden.»

Die Internetplattform heisst «Elland Road Capital». Lizenziert ist sie in Kapstadt, Südafrika. Die Risikowarnung im Kleingedruckten sah die Rentnerin: «Kann zum Verlust ihres gesamten Guthabens führen», steht da. Doch ihre Berater wiegeln ab: Das sei halt die Vorschrift.

Täglich riefen Berater an, loggten sich per Zoom auf ihrem Computer ein. Sie drängten sie, auf Preisentwicklungen der Finanzmärkte zu spekulieren, zum Beispiel auf Währungen. Am Anfang macht sie Gewinne. Dann überredete sie ein Mann am Telefon, zusätzlich 100'000 Franken einzuzahlen.

Stellungnahmen:

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  • «Elland Road Capital» hat nicht geantwortet.
  • «Investmarkets» schreibt «Kassensturz», bei der Registrierung erkläre sich der Kunde einverstanden mit den Geschäftsbedingungen der Plattform. Im Fall sei es womöglich zu Missverständnissen gekommen. Nach Intervention von «Kassensturz» haben die Betreiber der Plattform dem Familienvater einen grossen Teil der investierten Summe zurückerstattet.

Auf ihre Frage an die Berater, welches Risiko sie mit ihrer Investition eingehe, habe dieser erwidert: Bei 100'000 Franken Einsatz liege der maximale Verlust bei 15'000. Der zu erwartende Gewinn jedoch bei 40'000 bis 60'000 Franken. Da war sie beruhigt.

Doch plötzlich fielen ihre Positionen ins Minus. Man sagte ihr, sie müsse blitzschnell neues Geld einschiessen, denn wenn das Konto unter ein bestimmtes Level falle, verliere sie alles. Dann riet ihr der Berater, in Gas zu investieren.

Das war ihr letzter Einsatz, innert kürzester Zeit fiel das Konto 120'000 Franken ins Minus. Sie verlor innerhalb von einem Monat insgesamt 159'000 Franken. Das war Geld aus ihrer dritten Säule. «Wenn jetzt etwas passiert, habe ich die Rücklage nicht mehr.»

Tipps für Online-Investitionen

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  • Schnelles Geld ohne Verlustrisiko ist eine Illusion!
  • Niemand verrät «Geheimtipps» öffentlich im Internet. Wer für einen Geheimtipp Werbung machen muss, hat keinen.
  • Niemand teilt ungefragt vielversprechende Anlagestrategien mit völlig unbekannten Personen. Warum sollte er?
  • Anlagetipps, welche mit prominenten Persönlichkeiten beworben werden, sind in aller Regel gefälscht und dienen nur als Köder. Die Prominenten haben meistens keine Ahnung, dass mit ihnen Werbung gemacht wird
  • Vertrauen Sie nie jemandem Geld an, den Sie nur virtuell kennen.
  • Gewähren Sie nie jemandem, den Sie nur virtuell kennen, einen Fernzugriff auf ihren Computer (mittels Fernwartungssoftware wie TeamViewer, Anydesk, Supremo etc.)
  • «Nicht gutes Geld dem Schlechten nachwerfen!»: Drohende Totalverluste können nicht abgewendet werden, indem man immer neues Geld nachschiesst.

Quelle: Schweizerische Kriminalprävention

Ich habe viel zu spät gemerkt, dass es wie Treibsand ist, ich kam gar nicht mehr raus.
Autor: Betroffener

Andere Homepage, ähnliches Muster: Ein Handwerker aus der Innerschweiz verlor mit Investmarkets.com, einer Firma mit Finanzlizenz in Belize, 122'000 Franken. Das Ersparte für die Eigentumswohnung, von der seine Familie geträumt hat.

«Kassensturz» ist an Ihrer Meinung interessiert

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Er hadert mit dem Geschehenen, macht sich Vorwürfe:  «Ich verstehe heute noch nicht, warum ich das gemacht habe. Ich merkte viel zu spät, dass es wie Treibsand ist, ich kam gar nicht mehr hinaus aus diesen Zahlen.»

«Kassensturz» weiss von insgesamt vier Investoren, die mit diesen beiden Plattformen insgesamt 700'000 Franken verloren haben.

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Interview mit Mathias Ammann, Kantonspolizei Schwyz
Aus Kassensturz vom 14.03.2023.
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Kassensturz, 14.03.23, 21:05 Uhr

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