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Schlimmes Patientenschicksal Nach Operation im Rollstuhl – und niemand will zahlen

Ein Mann wird während einer OP gelähmt. Doch weder die Arzt-Haftpflicht- noch die Unfallversicherung wollen zahlen.

Der 56-jährige Mathias Stix kann seinen Alltag nicht mehr alleine bewältigen. Er ist seit sechs Jahren Tetraplegiker. Seit Jahren kämpft er mit verschiedenen Versicherungen um eine Entschädigung für einen OP-Zwischenfall, der ihn 2016 in den Rollstuhl brachte. «Die Versicherungen zögern alles hinaus, soweit sie nur können», schildert er seine Situation.

Patienten haben schwierige Beweispflicht

Seine Unfallversicherung will nicht zahlen, und auch die Haftpflichtversicherung des betreffenden Chirurgen hat bis jetzt nichts übernommen. Kein Einzelfall, sagt Anwalt Hardy Landolt: «Patienten haben es schwierig im aktuellen System. Sie müssen der Arztperson eine Sorgfaltspflicht-Verletzung nachweisen».

Rechtsprofessor Thomas Gächter von der Universität Zürich doppelt nach: «Es ist einfacher, im Lotto einen Sechser zu haben, als bei einem Medizin-Unfall eine Leistung aus der Unfallversicherung zu bekommen».

Missglückte Rückenoperation

In den Rollstuhl kam Mathias Stix wegen einer missglückten Rückenoperation. Es hätte ein Routine-Eingriff sein sollen. Er litt unter sogenannter Spinalkanalstenose, einer Verengung des Nervenkanals an der Halswirbelsäule.

Was ist ein Unfall?

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Ein Unfall definiert das Gesetz als eine «plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat». Art. 4 ATSG

Der Chirurg, der an einer Berner Privatklinik operierte, schlug eine Erweiterung des Wirbelkanals vor und eine anschliessende Fixierung der Wirbelsäule mit Schrauben und Stangen. «Ich hatte ein mulmiges Gefühl», erinnert sich Mathias Stix heute. «Deswegen wählte ich einen Professor, einen erfahrenen Chirurgen».

Grafik zeigt Operationswerkzeuge an Wirbelsäule
Legende: Weil der Chirurg mit dem Instrument abrutschte, wurden die Nervenbahnen im Rückenmark verletzt. SRF

Dem Chirurgen entglitt ein Operations-Instrument

Fatal: Beim Biegen einer Stange, direkt am offenen Wirbelkanal, entglitt dem Arzt während der Operation ein Instrument, welches die Rückenmark-Nervenbahnen von Mathias Stix verletzten. Mit der Folge Tetraplegie.

Kein Unfall, so entscheidet das Bundesgericht

Aus Laiensicht ein klarer Unfall. Anders sieht es das Bundesgericht. Wer sich einer Operation unterziehe, gehe Risiken ein, sodass auch ein äusserst seltenes Ereignis wie das Abgleiten des OP-Instruments nicht aussergewöhnlich sei und damit auch kein Unfall.

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Die Unfallversicherung hätte einen Teil des Lohnes von Mathias Stix übernommen sowie die Heilungskosten ohne Selbstbehalt. Jetzt muss der Tetraplegiker die Folgekosten der Behinderung selber tragen: «Wir mussten unser ehemaliges Firmenvermögen aufbrauchen und unsere Pensionskasse», sagt er, «um unser Leben zu finanzieren.»

Einzig die normale IV zahlt eine kleine Rente

Das Einzige, was der Patient nach einer Wartefrist inzwischen erhält, ist eine IV-Rente, welche die Allgemeinheit finanziert. Doch davon kann Stix nicht leben. Und seine Frau kann wegen der notwendigen Betreuung ihres Mannes nicht mehr als 50 Prozent arbeiten.  

Ob die Haftpflichtversicherung des Arztes bezahlt, ist nach sechs Jahren immer noch offen. Es werde schwierig werden, dem Arzt eine Sorgfaltspflicht-Verletzung nachzuweisen, meint Uni-Professor Thomas Gächter. Fazit: Wer unverschuldet Opfer eines Medizin-Unfalls wird, steht am Ende womöglich mit leeren Händen da.

Entschädigungsfonds als Lösung?

Thomas Gächter fordert darum einen Entschädigungsfonds für solche Härtefälle: «Damit das Leben weitergehen kann und für die erste Not gesorgt ist.» Doch bis jetzt sind alle parlamentarischen Initiativen dazu gescheitert.

Kassensturz, 14.02.23, 21:05 Uhr

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