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Schoggi ohne Kakao Kakao-Ersatz aus dem Labor: Die Zukunft der süssen Versuchung?

Start-ups entwickeln nachhaltige Kakao-Alternativen – für süssen Genuss ohne Regenwaldverlust.

So süss Schokolade schmeckt: Die Produktion von Kakao hat auch eine bittere Seite. Für Kakao-Plantagen werden enorme Regenwald-Flächen abgeholzt. Eine Schokolade ohne Kakao wäre ökologisch gesehen eine willkommene Alternative. Tatsächlich tüfteln verschiedene Unternehmen genau daran.

Schweizer Innovation: Kakao-Zellen aus dem Labor

In der Schweiz zum Beispiel das Unternehmen Food Brewer im Zürcherischen Horgen. Es kreiert im Labor mit Hightech echte Kakao-Zellen. In speziellen Brau-Tanks vermehrt das Unternehmen natürliche Kakao-Zellen, wie Mathilde Dupin von Food Brewer erklärt: «Wir nehmen natürliche Kakaobohnen und wählen daraus das beste Gewebe aus. Dieses lassen wir zu Gewebe-Klumpen wachsen. Daraus produzieren wir dann in speziellen Tanks die Biomasse.»

Erste Schweizer Schokolade ohne Kakao

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Der Schweizer Chocolatier «Stella Bernrain» in Kreuzlingen produziert bereits eine erste Schokolade ohne Kakao, basierend auf fermentierten Sonnenblumenkernen. «Leute, die es nicht wissen und die Schokolade probieren, finden sie gut und merken gar nicht, dass es keine echte Schokolade ist», sagt Robin Auer, Leiter Marketing beim Schokolade-Produzenten. Der Weg zur richtigen Mischung sei sehr aufwändig gewesen, so Auer.

Neben den fermentierten Sonnenblumenkernen verwendet «Stella Bernrain» Shea-Butter. Diese hat sehr ähnliche Eigenschaften wie Kakao-Butter. «Die Rohmaterialien verhalten sich anders als etwa Kakao-Masse und Kakao-Butter. Man muss immer testen, wie sich das verhält und wie der Geschmack herauskommt.»

Ist diese fertig, werden die Zellen «geerntet». Am Ende des Prozesses steht ein fermentiertes, geröstetes Kakaopulver. Laut Food Brewer könne die Anlage 50'000-mal mehr Kakao produzieren als eine herkömmliche Kakao-Plantage auf der gleichen Fläche. «Unser Produktions-Zyklus ist schneller als die Natur. Wir müssen nicht über Jahre Kakao-Bäume aufziehen. Und wir haben einen Produktions-Zyklus von einigen Tagen statt von Monaten und Jahren, mit einer oder zwei Ernten pro Jahr.» Bis zum nächsten Jahr will das Unternehmen sein alternatives Kakaopulver auf den Markt bringen.

Fermentierte Gerste und Ackerbohnen

Einen anderen Ansatz verfolgt das Londoner Start-up Win-Win. Es ersetzt Kakao durch eine Mischung aus Samen, Gewürzen und Gemüse. Nach über 1100 Rezeptur-Versuchen gelang der Firma der Durchbruch mit fermentierter Gerste, die das Kakao-Aroma verblüffend ähnlich nachahmt. Geschäftsführerin Ahrum Pak: «Die Schokolade hat den Glanz und das Knacken echter Schokolade und ist vielseitig einsetzbar, etwa für Kekse, Donuts oder Brownies.»

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Auch das Londoner Unternehmen Nukoko arbeitet an einer Kakao-Alternative, basierend auf Ackerbohnen. Laut Gründer Kit Tomlinson ist diese durch ihren hohen Polyphenol-Gehalt und ihren nussigen Geschmack als Kakao-Ersatz besonders geeignet.

Kakao-Preis hat sich vervierfacht

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Raphaël Felenbok, Experte für Nachhaltigkeit und Rohstoffe, sieht grosses Potenzial in den Kakao-Alternativen, insbesondere angesichts der stark gestiegenen Kakaopreise. Historisch lag der Preis für eine Tonne Kakao lange Zeit bei etwa 2500 Dollar.

Inzwischen hat sich der Preis jedoch vervierfacht auf 10'000 Dollar. Langfristig könnten Alternativen, die heute noch teuer sind, konkurrenzfähig werden, so Felenbok. Doch entscheidend für den Erfolg bleibe natürlich die Qualität des Geschmacks.

Die Ackerbohne wird dabei ähnlich behandelt wie die klassische Kakaobohne, erklärt Tomlin: «Zunächst werden die Bedingungen im Inneren der Kakao-Schote simuliert. Dann fermentieren wir die Bohne, rösten und mahlen sie zu Pulver, das man wie Kakaopulver verwenden kann.» Nukoko plant, seine Schokolade ohne Kakao bis zum Sommer auf den Markt zu bringen. Die Zukunft der Schokolade könnte also durchaus ohne Kakao auskommen. Ob dann auch das Problem der ungesunden Kalorien gelöst ist, ist eine andere Frage.

Kassensturz, 15.4.25, 21:10 Uhr

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