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Kommentar Weshalb die SBB mehr unfreiwillig als freiwillig grosszügig ist

Die SBB schenkt GA-Besitzern Gutscheine für 120 Franken. Was nach grosszügiger Geste klingt, passiert auf Druck. Eine Einschätzung.

«SBB beschenkt alle 480'000 GA-Kunden», lautet voll Eigenlob der Titel einer SBB-Medienmitteilung. Jeder Besitzer eines Generalabonnements erhalte «als Zeichen der Wertschätzung» Gutscheine im Wert von 120 Franken. Was hier selbstlos, freiwillig und grosszügig klingt, ist es im Grunde genommen nicht. Denn die SBB steht mir ihrer Preispolitik massiv unter Druck:

  • Seit längerem kritisiert der Preisüberwacher, dass die SBB-Billette im Vergleich mit anderen Produkten unverhältnismässig teurer geworden seien. Die Schmerzgrenze sei längstens erreicht.
  • Der Preisüberwacher setzte Druck auf, dass die Billettpreise dieses Jahr nicht schon wieder steigen und dass die SBB die Mehrwertsteuersenkung an ihre Kunden weitergibt.
  • Zudem kritisieren Stefan Meierhans und die Aufsicht des Bundes, dass die SBB zu viel Gewinn mache – auf Kosten ihrer Kundschaft.
  • Diese Kritik wurde auch in vielen Medien und Online-Foren geäussert.
  • Daher hielt der Preisüberwacher den Druck aufrecht. Insbesondere wollte er, dass auch einmal die treuen GA-Besitzer von Rabatten profitieren können.

Und nun also dieses «Zeichen der Wertschätzung» der SBB. Die GA-Besitzer würden die Gutscheine im Wert von 120 Franken «in Absprache mit dem Preisüberwacher» erhalten, heisst es in der Medienmitteilung. Und das heisst im Klartext: Die SBB verschenken diese Gutscheine, damit der Preisüberwacher sie für den Rest des Jahres in Ruhe lässt. Schreibt dieser doch selber in einem Online-Blog, dass er «dank der Einsicht der SBB» das Fernverkehrs-Dossier für dieses Jahr schliessen konnte.

Für dieses Jahr! Denn die Billette und das GA sind dem Preisüberwacher immer noch zu teuer. Und so wird er nächstes Jahr garantiert wieder mit der SBB in den Ring steigen.

Gutscheine für vier verschiedene Zwecke

Die Gutscheine für die GA-Besitzer umfassen je 30 Franken für den Speisewagen, internationale Bahnreisen, Gepäckservice und einen Klassenwechsel. Bei dieser Aufteilung kann man davon ausgehen, dass längst nicht alle GA-Besitzer sämtliche Gutscheine einlösen werden. Denn nicht jeder von ihnen unternimmt bis Ende Jahr eine Reise ins Ausland oder nutzt den Gepäckservice der SBB. Und diese Gutscheine sind persönlich und auch innerhalb der Familie nicht übertragbar.

Stellungnahme SBB

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Es ist populär, die SBB für die öV-Preise in der Schweiz verantwortlich zu machen. Fakt ist, die Preise werden vom Direkten Verkehr festgelegt, zu dem über 200 Transportunternehmen gehören. Fakt ist auch, dass sich die SBB seit Jahren für ein besseres Preis-Leistungsverhältnis einsetzt. Die Preise sollen möglichst stabil bleiben oder sogar gesenkt werden können. Zehntausende Kunden haben sich über die GA-Gutschein-Aktion gefreut, viele haben sich bedankt. Die SBB arbeitet sehr eng und gut mit dem Preisüberwacher zusammen. Denn wir haben ein gemeinsames Ziel: Der öV muss bezahlbar bleiben.

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