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Konsum Ärger mit Paketdienst: Gefälschte Unterschriften auf Lieferschein

Schwere Vorwürfe an den Paketzusteller DPD: Kunden klagen, Kuriere hätten ihre Unterschriften auf den Zustellbelegen gefälscht, das Paket aber gar nicht abgeliefert. Keine Einzelfälle, deckt «Kassensturz» auf, und konfrontiert das Unternehmen mit den Vorwürfen.

Erich und Gertrud Bollhalder fanden dicke Post in ihrem Briefkasten: Ein Inkassobüro wollte Geld für Luxusuhren. Doch sie hatten gar nichts bestellt: «Wir wissen nicht, weshalb wir diesen Brief bekommen haben», sagt Erich Bollhalder.

Bei der Nachfrage beim Inkassobüro behauptet dieses, die Bollhalders hätten ein Paket des Lieferdienstes DPD entgegengenommen. Sie hätten auch einen Zustellbeleg unterschrieben.

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Legende: Ein ausgedruckter Zustellbescheid von DPD. SRF

Doch dagegen wehrte sich das Rentnerpaar: «Wir haben einen Zustellbeleg angefordert. Dann haben wir festgestellt, dass das nicht unsere Unterschrift ist. Sie war gefälscht», erklärt Erich Bollhalder weiter.

Widerwillig sitzt der Rentner nun vor dem PC. Erich Bollhalder muss seine Unschuld beweisen. Er kopierte dafür seine Identitätskarte und sandte sie mit der Unterschrift auf dem Beleg dem Inkassobüro, damit diese die Möglichkeit für einen Vergleich hatten.

DPD kennt Problematik

Gefälschte Unterschriften sind bei DPD kein neues Thema. Bereits im Mai berichtete «Kassensturz» über einen ähnlichen Fall : Dominic Gaio soll Autoreifen für seine Nachbarin entgegengenommen und einen Zustellbeleg unterschrieben haben. «Ich war beim Zustelltermin nicht zu Hause. Ich habe nichts entgegengenommen. Ich habe gearbeitet und kann das schriftlich bestätigen», sagt Gaio.

Dass es keine Einzelfälle sind, bestätigt DPD auf Anfrage von «Kassensturz»: «Im Juli kam es zu elf Unterschrifts-Anzweiflungsprozessen.» Auch bei «Kassensturz» meldeten sich weitere Betroffene: «Mir wurde von der DPD bei zwei Lieferungen die Unterschrift gefälscht» oder «Der Fahrer hat mit meinem Namen unterschrieben», erzählen sie.

Die Fahrer schüchtern ein

Damit nicht genug: Mehrere Kunden klagen über Einschüchterungs-Versuche. Auch Erich Bollhalder. Nachdem er die Unterschrifts-Fälschung gemeldet hatte, bedrängte ihn ein Chauffeur von DPD.

«Der DPD-Fahrer hat mich einen Tag später angerufen. Er hatte das Gefühl, wir täten ihm unrecht, weil wir sagen, dass wir die Ware nicht erhalten hätten und die Unterschrift gefälscht sei. Er würde zur Polizei gehen und seine Rechtsschutz-Versicherung einschalten, wenn wir darauf bestünden. Er hätte das Paket einer Frau abgegeben im Alter von Mitte 40. Aber das kann nicht sein. Meine Frau ist auch so um die 60», erzählt Erich Bollhalder.

Die Bollhalders liessen sich nicht einschüchtern. Für sie ist die lästige Sache erledigt. Weder das Inkassobüro noch DPD haben sich je wieder gemeldet.

DPD nimmt Stellung

Thomas Tiedemann, Geschäftsleitungs-Mitglied von DPD Schweiz, erklärt gegenüber «Kassensturz», dass seine Firma den Fällen nachgehen würde. Im Fall Bollhalder könne jedoch nicht definitiv gesagt werden, von wem die Unterschrift stamme.

Der Fahrer, welcher seit 15 Jahren bei DPD arbeite, sei laut GPS-Gerät an besagter Adresse gewesen und er hätte noch einmal bestätigt, dass er dort ein Paket abgegeben habe, rechtfertigt sich Tiedemann. Auf Nachfrage, weshalb DPD zur Klärung des Falles Bollhalder keine Strafanzeige einreiche, sagt das Geschäftsleitungsmitglied: «Wir haben uns dazu entschlossen, den entstanden Schaden zu übernehmen.»

Zudem kündigte Thomas Tiedemann gegenüber «Kassensturz» zwei konkrete Verbesserungen an: Einerseits würde künftig bei solchen Fällen nicht mehr der Fahrer selbst vor Ort die Sache zu klären versuchen. Das mache künftig eine Person des Qualitätsmanagements. Und ein neues System, bei welchem das Paket vom Kunden selber abgeholt werden könne, soll den Druck von den Fahrern nehmen und so mögliche Fälschungen von Unterschriften verhindern.

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