Zum Inhalt springen

Konsum Ein Doktortitel für jedermann

Ein Doktor- oder Professorentitel macht Eindruck. Die Träger solcher Titel müssen etwas leisten. Sollte man meinen. Im Internet kann man sich einen Doktortitel für 49 Euro kaufen. Ganz legal.

Die Firma doktortitel24.de bietet «Espresso»-Hörer Christian Ibach per Mail einen Doktortitel an. «Ganz legal», heisst es. Und das alles für nur 49 Euro. Der Mail-Empfänger ist verärgert: «Das ist für mich einmal mehr eine typische Abzocke im Internet.» Das sei eine Beleidigung für all jene, die sich den Doktor- oder Professorentitel hart erarbeitet haben.

Doktortitel24.de verkauft Ehrendoktortitel mit der Abkürzung «h.c.» (honoris causa). Das Unternehmen mit Sitz in Deutschland legt es explizit darauf an, dass die breite Masse diesen Zusatz nicht kennt und mit einem wissenschaftlich erarbeiteten Titel gleichsetzt. Auf der Internetseite heisst es unter anderem: «Die Kennzeichnung ‹h.c.› ist kaum jemandem bekannt. Somit ist die Wirkung zu anderen Titeln identisch.»

Behörden sind machtlos

Der echte Doktortitel h.c.

Box aufklappen Box zuklappen

Für diese Ehrendoktorwürde braucht es zwar keine Prüfung, doch eine besondere Leistung. Universitäten vergeben diesen Titel aufgrund hervorragender Verdienste auf wissenschaftlichem Gebiet. Er bedeutet grosse Anerkennung. Die Leistung auf doktortitel24.de: Eine Spende von 49 Euro an eine Kirche.

Das sei klar berechnend und störend, findet auch Christina Baumann vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation gegenüber dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1. Etwas dagegen tun könne man aber nicht. Denn der Doktortitel sei in der Schweiz nicht geschützt: «Der Bund kann nur die Titel seiner Schulen – also ETH und Fachhochschulen – schützen, die Universitätskantone jeweils die Titel von ihren Institutionen.»

Wer auf einer Visitenkarte einen Doktortitel mit «h.c.» angibt, hat deshalb auch nicht mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen: «Wenn Sie ganz klar angeben, dass es sich um einen Doktortitel ‹h.c.› handelt und von welcher Institution er ist, dann machen Sie sich nicht strafbar», erklärt Christina Baumann. Im Falle von doktortitel24.de wird der Titel übrigens von einer amerikanischen Kirche verliehen, deren Vorsteher der Geschäftsinhaber der Internetseite doktortiell24.de ist. Auch das ist rechtlich möglich – in den USA ist es ein leichtes, eine x-beliebige Kirche zu eröffnen.

Leute reissen sich um den falschen Doktortitel

Schaut man sich an, wer hinter diesem Schwindelangebot steckt, taucht der Name Timo Richert auf. Eine Person, die in Internetforen immer wieder erwähnt wird, wenn es um Abzocke, Abofallen, Spam oder Sex-Seiten geht.

«Espresso» kontaktiert den Geschäftemacher aus Braunschweig. Unumwunden gibt er zu, dass er den Ärger von echten Doktoren und Professoren über sein Angebot versteht. «An deren Stelle würde ich mich auch ärgern, wenn ich viel Arbeit und Zeit in den echten Titel investiert hätte.»

6‘000 Titel und 360‘000 Franken Verdienst

Irgendwie müsse man ja aber Geld verdienen, meint Timo Richert. Und dass sich das Geschäft mit doktotitel24.de für ihn lohnt, belegen die Zahlen. Nach eigenen Angaben hat er innerhalb der letzten gut zwei Jahren rund 6‘000 solcher Fake-Titel verkauft. Hoch- und umgerechnet ergibt das einen Verdienst von über 360‘000 Franken.

Auf den Vorwurf, dass er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt und die auf doktortitel24.de eingegebenen Daten für seinen Adress- und Mail-Werbehandel verwende, verneint Timo Richert: «Wir haben regelmässig Datenschutz-Kontrollen des Landes Niedersachsen. Insofern sehe ich mich nicht als schwarzes Schaf.»

Für «Espresso»-Hörer Christian Ibach ist dennoch klar. Aus moralischen und Datenschutz-Gründen würde er dieses Angebot auch nicht einmal als Jux-Geschenk für jemand anderen nutzen: «Von diesem Angebot rate ich: Hände weg.»

Meistgelesene Artikel