Wer im Detailhandel Wachteleier kauft, bekommt fast immer Eier vom Eierhof Rusch im Kanton Thurgau. Der grösste Produzent beliefert Migros, Coop, Globus, Manor oder auch Lidl. Sein Versprechen: Schweizer Eier aus tierfreundlicher Bodenhaltung.
Laboranalysen von «Kassensturz» zeigen nun: Oft war dies gelogen. Der Eierhof Rusch hat spanische Eier importiert, diese umgepackt und als Eier vom eigenen Hof weiter verkauft.
Eier aus der Migros stammten aus Spanien
So kann «Kassensturz» die Täuschung belegen: Das Team hat im Detailhandel acht Eier-Packungen eingekauft – gemäss Deklaration alle vom Eierhof Rusch – und diese Eier von einem spezialisierten Labor für Herkunftsbestimmung analysieren lassen.
Resultat: Vier Packungen aus der Migros stammen nicht vom Eierhof Rusch. «Es ist ausgeschlossen, dass diese Eier aus der Schweiz stammen», sagt Markus Boner vom Agroislab. Sein Labor hat das Wasser aus den Eiern extrahiert und dessen Zusammensetzung genau analysiert.
«Das Wasser ist je nach Region anders zusammengesetzt», erklärt Markus Boner. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stammen die Eier aus Spanien. Das zeigt ein Vergleich mit spanischen Wachteleiern, die «Kassensturz» dem Labor geschickt hat.
Mitarbeiter bestätigen: Täuschung mit System
«Kassensturz» hat mit mehreren ehemaligen Mitarbeitern des Eierhofs Rusch in Hauptwil/TG gesprochen. Sie sagen einhellig: Die Täuschung hatte System. Das Umpacken und Umdeklarieren von spanischen Eiern sei Alltag gewesen auf dem Eierhof Rusch. Seit über einem Jahr hätte der Hof Eier falsch deklariert.
Auch Kunden von Coop, Globus, Manor getäuscht
Gemäss den Aussagen der ehemaligen Mitarbeiter hat der Eierhof Rusch auch die anderen Schweizer Detailhändler mit falsch deklarierten Eiern beliefert.
Mit den Vorwürfen konfrontiert gibt Eierproduzent Martin Rusch die Täuschung zu. Die Nachfrage sei so stark gestiegen, dass man diese nicht mehr habe stillen können. «Vorübergehend sah ich als einzige Alternative den Zukauf gleichwertiger Produkte, ohne dies korrekt zu deklarieren. Im Nachhinein ein Fehler, wie ich nun feststellen muss.»
Käfigeier als «Schweizer Eier» verkauft
Brisant: Ein grosser Teil der spanischen Wachteln lebt in Käfigen. Auch ein Lieferant des Eierhofs Rusch, der europäische Marktführer Urgasa, hat nicht nur Eier aus Bodenhaltung, sondern auch aus Käfighaltung. Der Eierhof Rusch nahm also in Kauf, dass er Schweizer Konsumenten Käfigeier unterjubelte.
Martin Rusch beteuert, er sei nie davon ausgegangen, dass es sich allenfalls um Käfigeier handeln könnte. «Dass wir die genaue Herkunft und den Produzenten nie überprüft haben, war sicherlich ebenfalls ein Fehler.»
Behörde prüft jetzt Strafanzeige
Zuständig bei solchen Fällen sind die Kantonslabore und Lebensmittelinspektorate. Auf Anfrage teilt das Lebensmittelinspektorat des Kantons Thurgau mit, dass man die Vorwürfe jetzt prüfe und entscheide, ob zu einer Strafanzeige wegen Falschdeklaration komme.
So reagieren die Detailhändler
- Migros: «Für die Migros ist ein solches Vorgehen inakzeptabel. Sie hat einen sofortigen Lieferstopp verfügt und verkauft momentan keine Wachteleier mehr. Da bei den bisher verkauften Eiern möglicherweise die Herkunft und allenfalls auch die Produktionsbedingungen falsch deklariert sind, können Kundinnen und Kunden die Wachteleier in jede Filiale zurückbringen und erhalten den Verkaufspreis zurückerstattet.»
- Coop: «Coop hat als vorsorgliche Massnahme den sofortigen Verkaufsstopp und Rückzug der Wachteleier eingeleitet. Coop geht den Vorwürfen mit Hochdruck nach.Sollten sich diese nicht entkräften lassen, wird Coop die Lieferbeziehungen zum «Eierhof Rusch» beenden.»
- Manor: «Manor bedauert sehr, dass der Produzent falsch deklarierte Produkte geliefert hat. Mit diesem Vergehen wurden der Zwischenhändler, Manor und die Kunden arglistig getäuscht. Sämtliche Produkte wurden zurückgezogen und ein sofortiger Lieferstopp verfügt. Wir stehen im engen Kontakt mit dem Zwischenhändler und werden in Zukunft noch stärker darauf achten, dass für dieses Produkt Herkunftsnachweise erbracht werden, damit sich ein solcher Vorfall nicht wiederholen kann.»
- Globus : «Mit Bedauern nehmen wir Ihr Schreiben zur Kenntnis und haben umgehend ein Verkaufs- und Lieferstopp in sämtlichen Filialen veranlasst. Die Falschdeklaration und das Verhalten des Produzenten ist für uns nicht akzeptabel, wir hatten bis dato keinerlei Hinweise auf die Sachlage. Selbstverständlich können Kundinnen und Kunden, die die Wachteleier gekauft haben, zurückbringen und erhalten den Verkaufspreis zurückerstattet.»
LIDL: «Gerne teilen wir Ihnen mit, dass Lidl Schweiz keine Wachteleier im Festlistungssortiment führt und daher vom Liefer-/Verkaufsstopp des
Lieferanten/Abpackbetrieb L&S (zum Migros-Konzern gehörend) nicht betroffen ist.»