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Konsum Kaninchenfleisch: Weitere Fälle von Tierquälerei

«Kassensturz» deckte letzte Woche schreckliche Zustände in Mastbetrieben in Ungarn auf. Grossverteiler haben daraufhin ihre Importe gestoppt. Doch neue Recherchen zeigen: Auch in anderen Ländern, die in die Schweiz liefern, herrschen unzumutbare Zustände. «Kassensturz» fordert Massnahmen.

Bei Spitzenköchin Vreni Giger im Jägerhof in St. Gallen gibt es zurzeit Kaninchen in allen Varianten. Das Fleisch bezieht Giger von einer Bäuerin im Appenzell. Ihr ist wichtig, dass die Kaninchen gut gehalten werden. Das merke man dem Geschmack an: «Schweizer Kaninchen sind qualitativ viel besser und auch grösser», sagt Giger.

Käfige auf Gitterrost

Das meiste Kaninchenfleisch stammt aus dem Ausland. Der grösste Produzent ist eine Schweizer Firma mit Mastbetrieben in Ungarn. Der Betrieb beliefert Migros, Coop und viele andere Händler. Die Gruppenhaltung in der Box entspricht nicht dem Schweizer Tierschutzgesetz, ist aber besser als die im Ausland weit verbreitete Käfighaltung.

Trotzdem leiden dort Kaninchen, vor allem gegen Ende der Mast. Darüber hat «Kassensturz» letzte Woche berichtet. Die Tiere werden aggressiv und verletzen sich selbst, weil sie zu wenig Platz und kaum Beschäftigung haben.

Viele Import-Kaninchen werden noch schlechter gehalten, kritisiert die Zoologin Nadja Brodmann von der Nutztierschutzorganisation Kagfreiland. Rund die Hälfte der importierten Kaninchen fristet ihr Dasein noch immer in erbärmlichen Käfigen auf Gitterrost, wie in Argentinien. Aufnahmen aus drei argentinischen Betrieben, die Kagfreiland im Mai gemacht hat, zeigen: Die Tiere haben keine Beschäftigung, können sich kaum bewegen und sind deswegen oft völlig apathisch.

Gastrobetriebe beliefert

Bilder aus dem Schlachfhof Coronel Vidal belegen erstmals: Kaninchenfleisch aus dieser Käfighaltung gelangen in Schweizer Gastrobetriebe und Metzgereien, importiert von Fleischgrosshändler und Coop-Tochter Bell.

3500 Tonnen Kaninchenfleisch konsumieren Schweizer jedes Jahr. «Kassensturz» wollte wissen, aus welchen Ländern die Detailhändler ihr Kaninchenfleisch beziehen. Und wie die Tiere gehalten werden: Gruppenstallhaltung mit genügend Platz, Beschäftigung und Rückzugsmöglichkeiten – so wie in der Schweiz. Gruppenboxenhaltung mit weniger Platz und ohne Rückzugmöglichkeiten wie diejenige in Ungarn. Oder Käfighaltung auf engstem Raum wie fast überall im Ausland.

Vorläufiger Lieferstopp

Ergebnis: Bei Migros im Verkauf ist Kaninchenfleisch aus Ungarn, Frankreich und der Schweiz. Seit dem «Kassensturz»-Bericht vor einer Woche verfügte Migros einen vorläufigen Lieferstopp für Kaninchenfleisch aus dem Ausland. Coop verkauft im Moment nur noch Kaninchenfleisch aus der Schweiz. Den Import von Fleisch aus Ungarn hat Coop vorläufig gestoppt.

Bereits seit letztem Frühling verkauft Spar nur noch Kaninchenfleisch aus der Schweiz auf Vorbestellung. Manor und Globus verkauften bis vor einer Woche noch Kaninchen aus Ungarn. Jetzt haben die Detailhändler nur noch Schweizer Kaninchen im Angebot.

Deklaration gefordert

Kaninchenfleisch aus Käfighaltung verkaufen hauptsächlich Gastrohändler. Die Grünliberale Nationalrätin Tiana Moser will die Herkunft für Konsumenten transparent machen. Sie fordert deshalb in einer Motion eine Deklaration für Kaninchenfleisch aus Käfighaltung. «Wenn Schweizer Konsumenten Kaninchenfleisch kaufen, sollen sie wissen, wie es den Tieren vorher erging.»

Konkret solle deklariert werden: «Aus in der Schweiz nicht zugelassener Käfighaltung». Das sei aus ethisch-moralischen und wirtschaftlichen Gründen wichtig. «Wir haben gegenwärtig eine Marktverzerrung zulasten der Schweizer Produzenten, weil sie höhere Tierschutzstandards befolgen müssen», sagt Tiana Moser.

Aufforderung an Bell

Kaninchen aus tierquälerischer Käfighaltung importiert Grossfleischhändler Bell trotz anderslautender Versprechungen. Im Geschäftsbericht 2007 schreibt Bell, die natürliche Aufzucht der Tiere, die artgerechte Tierhaltung und das Tierwohl seien wichtige Kriterien. Bei solch einer Käfighaltung könne davon keine Rede sein. Tiana Moser: «Wir fordern Bell auf, ihr Wort einzuhalten und zukünftig kein solches tierquälerisches Käfigfleisch mehr zuzukaufen.»

Bell will dazu vor der Kamera keine Stellung nehmen und schreibt «Kassensturz», sie hätten von diesem Kaninchenfleisch nur wenig importiert. «Bereits im Juni 2008 hat Bell entschieden, kein Kaninchenfleisch mehr aus Argentinien zu beziehen.» Die noch bestehenden Lagerbestände verkaufe Bell ab sofort mit dem Vermerk «Fleisch von Kaninchen aus Käfighaltung».

Auch Gastrohändler Bischofberger importiert aus dem gleichen Schlachtbetrieb Kaninchenfleisch aus Käfighaltung. Er schreibt: Aufgrund der gezeigten Missstände ziehe es Bischofberger in Betracht, Importe von Kaninchenfleisch aus Argentinien einzustellen.

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