Sandra Glaser und Lisa Tanner (Namen geändert) wollten beide mit Modeln ihr Budget aufbessern. Bei der Suche nach entsprechenden Möglichkeiten wurden die beiden jungen Frauen auf das Ostschweizer Unternehmen «Schweizer Modelle» aufmerksam. Die Firma machte auf Lisa Tanner und Sandra Glaser den Eindruck einer Agentur, die Models an Kunden vermittelt.
Die beiden Frauen wurden von «Schweizer Modelle» zu einem Casting eingeladen. Einige Tage später folgte die freudige Nachricht, dass die Firma gerne mit ihnen arbeiten würde. Als erster Schritt sei es nun notwendig, ein sogenanntes Portfolio zu erstellen, also eine Auswahl an Fotos, die dann zum Beispiel interessierten Werbern gezeigt wird. Die Fotos würden «weitgehend über Erfolg oder Misserfolg im Geschäft» entscheiden, liess das Unternehmen Sandra Glaser wissen.
Fotoshooting für 990 Franken
Um das Portfolio zu erstellen, gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder die jungen Frauen kümmerten sich selbst darum, oder sie erstellten es mit Hilfe von «Schweizer Modelle» - für 990 Franken
Beide entschieden sich für Letzteres, und kurz darauf fand jeweils in einem Hotel das Fotoshooting statt. «Dort hiess es, in den nächsten Wochen erhalte man die Fotos – und danach würden uns Job-Angebote zugeschickt», erinnert sich Sandra Glaser. Und auch bei Lisa Tanner stellten die Verantwortlichen Jobs in Aussicht: «Uns wurde gesagt, ‹Schweizer Modelle› würde uns an Kunden vermitteln.»
Funkstille – und schnoddrige Antworten
Nach dem Shooting hörten die beiden Frauen aber nichts mehr von «Schweizer Modelle». Job-Angebote erhielten sie keine. Also bekundeten die beiden selbst ihr Interesse an gewissen Modeljobs, die auf der Facebook-Seite des Unternehmens ausgeschrieben waren. «Beim ersten Mal hiess es noch, man leite mein Interesse an den Kunden weiter, beim zweiten Mal bekam ich nicht mal mehr eine Antwort», sagt Lisa Tanner zum Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1.
Ähnlich sei es auch ihr ergangen, berichtet Sandra Glaser. Telefonisch sei «Schweizer Modelle» nicht mehr erreichbar gewesen. Und auf SMS oder Mail habe sie, wenn überhaupt, nur unfreundliche Antworten bekommen.
Für Sandra Glaser ist heute klar: «Ich war gut genug, um das Fotoshooting zu machen – der Rest war denen egal.» Und Lisa Tanner bilanziert: «Wenn man solche Geschichten von anderen hört, denkt man doch immer: ‹Wie kann man nur so blöd sein und darauf reinfallen?› Heute denke ich das gleiche von mir.»
«Schweizer Modelle» will keine Agentur sein
Auf Anfrage bestreitet das Ostschweizer Unternehmen, telefonisch nicht erreichbar gewesen zu sein. «Und selbst wenn dem so wäre», habe immer die Möglichkeit bestanden, «uns per Mail oder Facebook zu erreichen».
Weiter schreibt «Schweizer Modelle»: Man sei keine Agentur – die Models müssten sich selbständig um Jobs kümmern. «Wir sind eine Online-Plattform, die Kunden und Models die Möglichkeit gibt, zu kommunizieren. […] Wie häufig sich ein Model auf die von den Kunden ausgeschriebenen Jobs bewirbt, liegt nicht in unserer Hand.» Zudem könnten die Models gegen Bezahlung Schulungen machen – zum Beispiel Laufstegtraining. Auf all das würden die Models in den Gesprächen immer wieder hingewiesen.
«Stimmt nicht», sagt Sandra Glaser: «Von einer Plattform war nie die Rede! Die haben uns von Anfang an gesagt, dass sie mit den Models zusammenarbeiten.» Und Lisa Tanner fügt an: «Ich kann es natürlich nicht beweisen: Aber ich weiss, was ich gehört habe.»
Modelberufsverband: «Unfair!»
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Für Nicole Jarchow, die Präsidentin des Modelberufsverbandes «Barfuss», zeigt dieser Fall vor allem eines sehr deutlich: «Wer in das Modelgeschäft einsteigen will, muss verschiedene Anbieter und deren Angebote miteinander vergleichen – und auch Leute aus der Branche fragen, ob es sich um seriöse Angebote handelt.»
Jarchow kritisiert bei «Schweizer Modelle» vor allem, dass das Unternehmen den Eindruck erweckt, eine Agentur zu sein. «Es ist unfair, wenn aufgrund der Homepage eine Modelagentur erwartet wird, sich dann aber herausstellt, dass man es mit einer Model-Akademie zu tun hat, wo man letztendlich Dienstleistungen erwerben soll.»
Ursula Knecht: «Das ist nicht seriös»
Noch deutlichere Worte findet Ursula Knecht von der bekannten Zürcher Modelagentur «Option». Es sei zwar richtig, dass ein Model Fotos brauche, um diese Kunden zu zeigen. «Es ist aber nicht seriös, wenn – bevor irgend etwas anderes passiert – fast 1000 Franken bezahlt werden sollen für ein Portfolio.»
«Schweizer Modelle» widerspricht den beiden Expertinnen. Die Models würden nicht gezwungen, das Portfolio mit «Schweizer Modelle» zu machen. Und zum Vorwurf, das Unternehmen gebe sich als Agentur aus, heisst es: Auf der Internetseite sei «im Impressum ganz klar nachzulesen, was wir tun». Dass sich dieses Impressum gut versteckt hinter einem anders bezeichneten Link befindet, verschweigen die Verantwortlichen allerdings.